© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 47/18 / 16. November 2018

Grüße aus Rom
Kampf um Rom
Paola Bernardi

Auf den Schildern, die die Demonstrantinnen in die Höhe halten, steht: „Es reicht – basta“, „Via Raggi!“ Sie protestieren auf dem Kapitol, einem der schönsten Plätze von Rom unter dem Fenster der Bürgermeisterin Virginia Raggi von der regierenden Fünf-Sterne-Partei. 

Die Römer sind Aufmärsche und Demonstrationen gewohnt, doch dieses Mal sind es nur Frauen, die sich in einer Bürgerinitiative via Facebook zusammengefunden haben. Es sind bisher 40.000, doch die Zahl wächst stetig. Der Tod der 16jährigen Desiree Mariottini im Szene-Viertel  San Lorenzo war die Initialzündung für diese Aktion. Dem Opfer wurde ein Drogencocktail verabreicht, sie wurde mehrfach vergewaltigt, bevor sie schließlich starb.

Innenminister Matteo Salvini von der Lega greift nun nach der Hauptstadt.

Bis jetzt sind zwei Senegalesen und ein Nigerianer verhaftet worden. Gleichzeitig wurden die Römer durch einen Unfall mit der Rolltreppe der U-Bahn alarmiert: Eine vollbesetzte Treppe sauste plötzlich in die Tiefe, es gab zahlreiche Verletzte, einem mußte sogar der Fuß amputiert werden. Seitdem wagt sich kein Römer mehr auf öffentliche Rolltreppen, lieber gehen selbst die Älteren die langen Treppen hinauf und hinunter. Es fehlte natürlich die Wartung. Auch die Müllberge im Zentrum Roms zeigen Tag für Tag den neuesten Grad der Verwahrlosung an. Rom versinkt im Chaos: Verkehrsprobleme, Müllprobleme und Migrationsprobleme.

Dann ist da noch die Mafia, die sich im Schatten des Kolosseums ungeniert gemeinsam in der Städtischen Verwaltung und den Behörden ausbreiten konnte. Erst im September verhängte das Gericht in Rom 183! Jahre Haft für die Angeklagten. Seitdem spricht man von „Roma – Mafia capitale“ (Rom – Hauptstadt der Mafia). Doch Raggi ätzt auf Facebook: „Diese Demonstrantinnen tragen Designer-Handtaschen und haben Hündchen an der Leine.“

Aber nicht die Römer sind dieser Bürgermeisterin überdrüssig, wollen sie weghaben, sondern nun spekuliert auch die Lega auf dieses Amt. Innenminister Matteo Salvini greift nun nach der Hauptstadt. Der Erfolg seiner Partei bei den jüngsten Südtiroler Landtagswahlen (drittstärkste Partei) läßt Begierden wachsen. Früher brüllte der Mailänder „Roma ladrona“ (räuberisches Rom), jetzt hat er bereits eine Kandidatin für dieses Amt in petto, nämlich die gegenwärtige Ministerin für Öffentliche Verwaltung, Giulia Bongiorno. Der Kampf um Rom hat begonnen, die Tage von Raggi sind gezählt.