© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 47/18 / 16. November 2018

2020 im Visier
USA: Nach den Midterms zeigt sich der Präsident gegenüber den Demokraten kämpferisch: „Ich glaube, dieses Spiel beherrsche ich besser als Sie“
Thorsten Brückner

Florida did it again. 18 Jahre nachdem die Präsidentschaft zwischen George Bush und Al Gore erst in einer Nachzählung im Sunshine State entschieden wurde, beschäftigen sich erneut Gerichte mit der Wahl in Amerikas Rentnerparadies. Sowohl das Rennen um das Gouverneursamt zwischen Andrew Gillum (Demokraten) und Ron DeSantis (Republikaner) als auch die Senatswahl zwischen Amtsinhaber Bill Nelson (Demokraten) und Rick Scott (Republikaner) müssen neu ausgezählt werden. In beiden Wahlen liegen die Republikaner vorn. Besonders die Auszählung in Broward County und Palm Beach County erregt den Unmut von Floridas zweitem Senator Marco Rubio bis hin zu Präsident Donald Trump. Eine Wahl, die eigentlich, die Bürger entscheiden sollten, liegt jetzt vor allem in den Händen der Anwälte. 

Noch sind manche Rennen nicht entschieden

Fast eine Woche nach der Abstimmung konnte in Arizona die Siegerin ermittelt werden. Die bisherige demokratische Kongreßabgeordnete Kyrsten Sinema wird die nächsten sechs Jahre ihren Bundesstaat im US-Senat vertreten. Eine schmerzliche Niederlage für die Republikaner, die bisher diesen Sitz innehatten. Neben dem „Recount“ in Florida ist damit nur noch der Ausgang in Mississippi offen. Es wird allerdings erwartet, daß sich in der Stichwahl am 27. November die Republikanerin Cindy Hyde-Smith klar durchsetzen kann. Zusammen mit dem möglichen Sitzgewinn in Florida kämen die Republikaner damit auf eine Mehrheit von 53 Sitzen in dem 100er Gremium.  

Auch im Repräsentantenhaus war der Ausgang einiger Rennen zu Redaktionsschluß noch offen. An den Mehrheitsverhältnissen ändert sich dort aber nichts mehr. Die Demokraten konnten erstmals seit 2010 eine solide Mehrheit in der Kammer zurückgewinnen. Noch in den Sternen steht hingegen die Wiederwahl von Nancy Pelosi zum „Speaker“. Einen großen Fürsprecher dafür hat die 78jährige Kalifornierin ausgerechnet in Trump. Der ließ unmittelbar nach den Zwischenwahlen verlauten, Pelosi verdiene es, erneut zur Sprecherin gewählt zu werden. Augenzwinkernd fügte er hinzu: „Wenn nicht genügend Demokraten sie wählen, bekommt sie vielleicht von uns ein paar Stimmen.“ Trump weiß um die schlechten Sympathiewerte von Pelosi bei den meisten Amerikanern. Für ihn ist Pelosi im dritthöchsten Staatsamt ein unschätzbarer Mobilisierungsfaktor für 2020.

 Auf diese Wahl konzentriert sich bereits jetzt das politische Washington. Trumps derzeitige Priorität ist, die Untersuchungen von Sonderermittler Robert Mueller wegen möglicher Verstrickungen des Trump-Umfelds mit Moskau im Vorfeld der vergangenen Präsidentschaftswahl zu beenden. In diesem Zusammenhang ist auch die Absetzung von Justizminister Jeff Sessions zu sehen. Der Republikaner-Haudegen aus Alabama war ein Trump-Unterstützer der ersten Stunde. Spätestens aber als er eine Beteiligung an den Rußland-Ermittlungen wegen Befangenheit ablehnte und damit dem von Trump gehaßten Mueller den Weg ebnete, war das Verhältnis zum Präsidenten irreparabel zerstört.

Trump fürchtet um seine Steuererklärung

Zum geschäftsführenden Justizminister ernannte Trump nun Matthew Whitaker, der unter Sessions als Stabschef diente. Trumps Hoffnung ist, daß der Ex-Staatsanwalt und frühere Football-Spieler aus Iowa anders als Sessions aktiv die Rußland-Ermittlungen an sich ziehen könnte. Dann wäre der Posten des Sonderermittlers nicht mehr notwendig. 

Die Demokraten, die ihre beste Munition für den Präsidentschafswahlkampf verlorengehen sehen, schäumen bereits und planen im Kongreß ein Gesetz auf den Weg zu bringen, das eine Entlassung Muellers verhindern soll. Außerdem kündigten sie bereits weitere Untersuchungen gegen Trump und den von ihm ernannten Richter am Obersten Gerichtshof, Brett Kavanaugh, an.

Trump fürchtet vor allem, daß die Demokraten ihn zwingen könnten, seine Steuererklärung öffentlich zu machen. Wie gewohnt holte er deswegen bereits zum Gegenangriff aus und drohte den Demokraten mit Gegenuntersuchungen im republikanisch dominierten Senat. „Ich glaube, dieses Spiel beherrsche ich besser als Sie“, gab er sich kämpferisch.

 Mit den neuen Mehrheiten wird es für einige von Trumps Vorhaben eng. Undenkbar etwa, daß die Demokraten einen abermaligen Anlauf zur Abschaffung der Gesundheitsversicherung Oba-macare mitmachen werden oder Geld bewilligen, mit dem Trump die versprochene Mauer zu Mexiko bauen kann. Bei anderen Projekten ist Konsens zu erwarten. Darunter das von Trump geplante Infrastrukturprogramm. Als diejenigen, die verhindert haben, Amerikas marode Straßen und Brücken wieder instand zu setzen, werden die Demokraten kaum in die Präsidentschafts- und Kongreßwahlen in zwei Jahren ziehen wollen.