© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 47/18 / 16. November 2018

GegenAufklärung
Kolumne
Karlheinz Weißmann

Über mehrere Jahre haben Forscher der Universitäten Berkeley und Harvard sowie des Zentrums für Molekular- und Zellbiologie in Hyderabad genetisches Material von 65 Personen aus dem Norden Pakistans, 132 Einwohnern des Iran sowie Zentralasiens und 165 Individuen aus dem Gebiet Rußlands und Kasachstans analysiert, die vor etwa 3.200 Jahren gelebt haben. Der Vergleich mit dem Erbgut indischer Bürger ergab, daß sich die auf dem Subkontinent seit vielleicht 50.000 Jahren ansässigen Autochthonen wahrscheinlich zwischen dem 5. und dem Ende des 4. Jahrtausends vor Christus mit eingewanderten Bauern aus dem Iran vermischten. Im 3. vorchristlichen Jahrtausend drangen dann Stämme ein, die eine indoeuropäische Sprache nutzten und sich selbst als „Arier“ bezeichneten. Sie haben ihre genetischen Spuren bezeichnenderweise vor allem in der Bevölkerung hinterlassen, die den Norden bewohnt, und prägten in auffälliger Weise das Erbgut der höheren Kasten, die sich traditionell als Nachfahren dieser Eroberer betrachten. Das Schema der Migrationsschübe entspricht in auffallender Weise dem der Besiedlung Europas in der Vorzeit. Die Forschungsergebnisse stoßen in Indien vor allem auf den Widerstand radikaler Hindus, die behaupten, daß ihr Land die Urheimat der Arier sei.

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Spätestens seit 1789 gibt es für alle Revolutionen zwei konkurrierende Deutungen: der Umsturz war das Ergebnis eines Komplotts oder die Folge einer Volkserhebung. Man findet entsprechende Positionen auch in bezug auf die deutschen Revolutionen von 1918, 1933 und 1989.

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In Großbritannien gab es einen neuen Mammutprozeß gegen eine Gruppe von Männern indischer und pakistanischer Herkunft, die zwischen 2004 und 2011 in Huddersfield (Yorkshire) elf Mädchen, von denen das jüngste erst elf Jahre alt war, mit Drogen gefügig gemacht, dann wiederholt vergewaltigt und zur Prostitution gezwungen hatten. Während des Verfahrens galt ein Verbot, über den Ablauf oder die Täter zu berichten. Mittlerweile sind harte Urteile gegen zwanzig von ihnen ergangen. Der Fall gilt als der schwerste dieser Art in der Geschichte Großbritanniens. Wie bei den ähnlich gearteten Verbrechen in Rotherham und Telford haben die Behörden offenbar gezögert, einzugreifen, aus Sorge, in den Ruch des „Rassismus“ zu geraten.

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Die Behauptung des Bundespräsidenten, daß die Revolution von 1918 im Zeichen von Schwarz-Rot-Gold stand, ist irrig. Die Revolutionäre selbst verwendeten nur Rot: rote Fahnen und rote Armbinden vor allem. Die neue Regierung, der Rat der Volksbeauftragen, wies den „Werbedienst“ der „sozialen Republik“ an, Propaganda für die Wahl zur Nationalversammlung ausdrücklich mit der roten Farbe zu gestalten. Schwarz-Rot-Gold kam da nicht vor. Das zeigten im Jahr des Zusammenbruchs nur die Österreicher, das heißt die Großdeutschen, linke wie rechte, weil mit der Erinnerung an 1848 eben nicht nur die Idee der Volksfreiheit, sondern auch die Vorstellung verbunden war, daß es endlich zur „Wiedervereinigung“ aller Deutschen in einem Staat kommen müsse.

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Die Art und Weise, in der man den Nationalismus zum neuen Feindbild macht, zeugt vor allem von mangelndem Differenzierungsvermögen. Wenn Nationalismus bedeutet, daß man sich mit letzter Entschlossenheit für die eigene Nation einsetzt, dann waren mindestens zwei Gründerväter der EU – Winston Churchill und Charles de Gaulle – ausgesprochene Nationalisten, denen es nie in den Sinn kam, irgendeine Größe ihrem Vaterland vor- oder überzuordnen. Daß sie außerdem dezidierte Feinde Hitlers waren, spricht nicht gegen diese Tatsache. Der war eben kein Nationalist, sondern entschlossen, um seiner rassistischen Doktrin willen die Deutschen zugrunde gehen zu lassen, die sich dem survival of the fittest nicht gewachsen zeigten.

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Für die Londoner Bürgermeisterwahlen des Jahres 2020 haben die britischen Konservativen Shaun Bailey nominiert, dessen Vorfahren aus Jamaika stammen, die Labour Party unterstützt den Amtsinhaber Sadiq Khan, einen praktizierenden Moslem mit pakistanischen Wurzeln.

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Der amerikanische Zweig der radikalen Tierrechtsorganisation 

PETA (People for the Ethical Treatment of Animals) fordert seit langem dazu auf, das Milchtrinken zu unterlassen. Die Milch gehöre den Kühen, werde ihnen gewaltsam weggenommen und sei für den Menschen alles andere als gesund. Nun wurde noch ein weiteres Argument hinzugefügt: Milchtrinken ist ein Ausdruck von weißem Rassismus. Weiße „Suprematisten“ betrachteten ihre Laktoseverträglichkeit als Ausdruck biologischer Überlegenheit. Dementsprechend produzierte PETA ein Video, das ein überdimensionales Glas Milch zeigt, umgeben von Kapuzenmännern des Ku-Klux-Klan.


Die nächste „Gegenaufklärung“ des Historikers Karlheinz Weißmann erscheint am 30. November in der JF-Ausgabe 49/18.