© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 47/18 / 16. November 2018

Von Georges Clemenceau zu Angela Merkel
Politische Bildung: Die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung veranstaltete einen Kongreß „100 Jahre Ende des Ersten Weltkriegs“
Matthias Bäkermann

Die Perspektive von einhundert Jahren Abstand erlaubt auf das Ende des Ersten Weltkrieges eine nüchterne Analyse. „Deutschland hat strategisch den Ersten Weltkrieg nicht verloren“, provozierte dann auch der Historiker Lothar Höbelt (Wien) die knapp 300 Zuhörer im Gotischen Saal der Zitadelle Spandau, die neugierig zum ersten öffentlichen Kongreß der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) strömten. 

In seinem Eröffnungsreferat über das Tagungsthema „Europäische Friedensordnung seit 1918 und das Selbstbestimmungsrecht der Völker“ richtete Höbelt den Blick auf die Mächtekonstellation in Europa nach den Pariser Vorortverträgen. Frankreich sei es eben nicht gelungen, das Deutsche Reich als dominierende Macht in Mitteleuropa auszuschalten. Für dieses sei durch den faktischen Ausfall Rußlands nach der bolschewistischen Revolution 1917 und der Installation eines osteuropäischen Staatenverbundes als Condon Sanitaire sogar das Bismarcksche Trauma einer „Einkreisung“ in weitere Ferne gerückt. Die von dem Franzosen Georges Clemenceau in St. Germain durchgesetzten Diskriminierungen in puncto Selbstbestimmungsrecht der Völker gegen 3,5 Millionen Sudetendeutsche in der neugegründeten Tschechoslowakei und in Form des Anschlußverbots Deutschösterreichs hätten die Engländer als stärkste Ententemacht in Europa ohnehin nur halbherzig verfolgt. Die Revision dieser Beschlüsse, die Hitler knapp zwanzig Jahre später als außenpolitischen Erfolg präsentieren konnte, hatte London bereits 1919 konzeptionell als mittelfristiges Ergebnis eingepreist, so Höbelt.

Um den seit 1917 mit viel Hoffnung begleiteten Leitgedanken des US-Präsidenten Woodrow Wilson zum Selbstbestimmungsrecht der Völker sah sich allerdings die empörte deutsche Öffentlichkeit nach Versailles betrogen, merkte der Historiker Karlheinz Weißmann im abschließenden, von dem Ökonomen und DES-Kuratoriumsvorsitzenden Max Otte moderierten Podium an. 

Selbstbestimmung gehört zur Ontologie des Menschen

Auch dem bipolaren System Europas nach der Potsdamer Konferenz bis 1990 wurde das Selbstbestimmungsrecht als nachrangig untergeordnet, referierte der Historiker Stefan Scheil. Der US-amerikanische Völkerrechtler Alfred de Zayas (Genf) wies allerdings auch an aktuellen Beispielen (Krim, Donezk-Gebiet oder Katalonien) nach, daß in Europa bis in die Gegenwart dieses manifestierte Menschenrecht in der Praxis in vielen Punkten von der Theorie abweiche. Völlig unverständlich sei es, daß die völkerrechtlich seit dem Inkrafttreten der Lissaboner Vertrages an dieses Statut gebundene EU die „schwerwiegenden Verletzungen“ der spanischen Zentralregierung gegenüber den Katalanen weder anklage, geschweige denn sanktioniere. Der lange Jahre für die Uno als Unabhängiger Experte des Menschenrechtsrats tätige Referent mahnte mit Blick auf supranationale Konzeptionen wie der EU, daß die freie Selbstbestimmung als demokratisches Recht auch künftiger Generationen „nicht modifizierbar“ sei. „Es gehört zur Ontologie des Menschen“, so de Zayas.

Die DES-Vorsitzende Erika Steinbach, die für die erkrankte AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel den Vortrag hielt, erinnerte daran, daß auch die unter Umgehung parlamentarischer Beschlüsse 2015 eingeleitete Politik der Massenmigration „eine eklatante Mißachtung des Selbstbestimmungsrechtes der Völker“ gewesen sei, in diesem Falle habe Bundeskanzlerin Angela Merkel in „selbstvergessener Manier“ das elementare Recht des eigenen Volkes übergangen. In Anbetracht der anstehenden Unterzeichnung des UN-Migrationspaktes drohe diese Politik nun fortgesetzt zu werden. 

Kontakt: Desiderius-Erasmus-Stiftung e.V., Unter den Linden 21, 10117 Berlin, Telefon: 030 / 40 366 977-0, E-Mail: info@erasmus-stiftung.de

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