© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 47/18 / 16. November 2018

UN & Co.: Kategorischer Imperativ des Souveränitätsverzichts
Fatalistisches Dogma
(wm)

Zu den Lieblingsausreden von Politikern der Altparteien gehört seit Jahrzehnten der Hinweis auf die „internationalen Verpflichtungen“ der Bundesrepublik. Daß ein souveräner Staat internationale Verträge auch kündigen oder aus internationalen Organisationen austreten kann, liegt außerhalb jedes Vorstellungsvermögens auch der erdrückenden Mehrheit deutscher Völkerrechtler. Da mutet es beinahe aufmüpfig an, wenn Angela Schwerdtfeger (HU Berlin) ihren Habilitationsvortrag überhaupt dem Thema „Austritt und Ausschluß aus Internationalen Organisationen – Zwischen staatlicher Souveränität und zwischenstaatlicher Kooperation“ widmet (Archiv des Völkerrechts, 1/2018). Das geschieht jedoch erwartungsgemäß nur zwecks Bekräftigung des fatalistischen Dogmas: „Staatliche Souveränität kann in einer auf Kooperation ausgerichteten Weltgemeinschaft nicht mehr im Sinne eines absoluten Prinzips anerkannt werden.“ Unabhängigkeit müsse in dem Maß eingeschränkt werden, wie „ein Staat mit seiner Zustimmung zum Gründungsvertrag die Mechanismen der Organisation, ihre Wirkungen und Dynamiken anerkennt“. Frankreich, das 1966 aus der Nato austrat, oder Englands EU-Abschied, werden daher von Schwerdtfeger als Normabweichungen gewertet, die jede Organisation durch vorbeugenden „dauerhaften, konstruktiven Dialog“ verhindern müsse. 


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