© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 48/18 / 23. November 2018

DVD: Marfa Girl – Fucking Texas
Hoffnungen und Illusionen
Werner Olles

Marfa, ein trostloses Nest im Süden von Texas nahe der Grenze zu Mexiko. Der sechzehnjährige Adam (Adam Mediano) lebt mit seinen Freunden und seiner gleichaltrigen Freundin Inez (Mercedes Maxwell) in den Tag hinein, schlägt die Zeit tot, langweilt sich, raucht Marihuana und flattert von einer sexuellen Beziehung zur anderen. Als Geburtstagsgeschenk verführt ihn seine einige Jahre ältere Nachbarin Donna, während seine gutaussehende, junge Lehrerin Miss Jones versessen darauf ist, ihn mit einer Holzlatte zu verdreschen. Und auch die ebenfalls in dem Städtchen ansässige Künstlerin Drake (Drake Burnette), das „Marfa Girl“, hat es auf Adam abgesehen. Der bekommt Ärger mit dem beschränkten Grenzpolizisten Tom, der in Adams Mutter Mary verliebt ist. Schließlich gerät Adam in einen Strudel aus Sex, Drogen und Gewalt …

Larry Clarks Drama „Marfa Girl“ (USA 2012) spielt ausschließlich im texanischen Marfa; dort wurde 1956 auch James Deans letzter Film „Giganten“ gedreht. „Marfa Girl“ schaffte es nicht in die Kinos, erschien nur auf Clarks Netzseite und auf DVD. Schon Clarks frühere Filme wie „Ken Park“ und „Kids“ hatten Probleme beim Vertrieb, und der Regisseur wollte daher Hollywood umgehen, um sich jenseits aller kommerziellen Zwänge des Kinos durchzusetzen.

Tatsächlich läßt Clark den Zuschauer die Hoffnungen und Niederlagen Adams und seiner Freunde intensiv miterleben. Seine Darsteller wirken authentisch – er drehte mit Amateur- und professionellen Schauspielern –, doch bewegen sie sich in einem genau abgesteckten Rahmen, der ihre hoffnungslose Situation schlagartig verdeutlicht: verrottete Fabriken und überwachsene Bahngleise, die öde Anonymität von schmuddeligen Läden, Straßen und Parkecken, in denen die jungen Leute auf einen Hauch vom ersehnten GroßstadtGlanz warten. Dabei erhalten sie die Lektion, daß sie zum untersten Ende der sozialen Stufenleiter gehören. Für Sentimentalitätsausbrüche und ein versöhnliches Ende bleibt kein Raum. Es sind diese exakten Beschreibungen von Illusionen und Träumen von einem anderen Leben, die irgendwann mit pathologischer Folgerichtigkeit explodieren, die Clarks Film so ungewöhnlich machen.

DVD/Blu-ray: Marfa Girl – Fucking Texas. Gallep Medien 2018, Laufzeit etwa 100 Minuten