© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 49/18 / 30. November 2018

Nur eine Korrektur im Dax oder droht der baldige Crash?
Höhere Kursschwankungen
Thomas Kirchner

Nach einem Jahrzehnt geldpolitischer Experimente fallen die Börsenkurse: 18 Prozent hat der Dax in diesem Jahr nachgegeben. Seit dem Tief im Februar 2009 hat der deutsche Leitindex einschließlich Dividenden dennoch 157 Prozent Gewinn gemacht – trotz der Korrektur von 13.559 in der Spitze am 23. Januar auf derzeit unter 11.500.

Das zeigt zweierlei: Auch wenn ein Jahr wie das aktuelle mit 15 Prozent Kursverlust Anlegern einen Schrecken einjagt, lohnen sich Aktien langfristig – zumal die aktuelle Dividendenrendite im Dax von 3,3 Prozent mehr als dreimal so hoch ist wie der Kupon der 30jährigen Bundesanleihe. Und es zeigt auch, daß es lohnt, dann zu investieren, wenn die Panik am größten ist. Wer im Krisenjahr 2009 vorsichtig abgewartet hat, mußte später zu weit höheren Kursen einsteigen.

Die augenblicklichen Turbulenzen gehen in erster Linie auf eine Korrektur bei globalen Technologieaktien zurück. Nicht nur Werte wie Facebook, Amazon, Alibaba, Netflix und Google haben inzwischen abstruse Bewertungen erreicht, die hohe Gewinnsteigerungen bis in die ferne Zukunft vorweggenommen haben. Nach der Party kommt der Kater, der auch auf deutsche Leitaktien abfärbt – auch wenn es im Dax kaum Technologiefirmen gibt. Die Deutsche Bank ist der größte Verlierer in diesem Jahr mit minus 49 Prozent. Die Bayer-Aktie hat 39 Prozent wegen der Monsanto-Übernahme (JF 27/18) verloren. Nur elf Gewinner gibt es in diesem Jahr. Selbst Neuankömmling Wirecard hat einen Teil seiner Gewinne von vor der Dax-Aufnahme wieder abgegeben.

Alle großen europäischen Märkte müssen in diesem Jahr Verluste verbuchen, speziell Italien lief noch schlechter als der Dax. Besonders traurig ist dies im Vergleich zu den US-Märkten, die trotz Zinserhöhungen und Rückgang der Technologiewerte immer noch eine schwarze Null schreiben. Der Dollar stieg in diesem Jahr um etwa fünf Prozent, so daß internationale Investoren in Europa neben den Kursverlusten auch noch Währungsverluste verbuchen müssen.

Die meisten Dax-Firmen erzielen weiterhin Rekordgewinne. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von zwölf kostet der Dax so wenig wie 2012, als er sich von der Finanzkrise erholte. Geht man bis 1980 zurück, war der Dax nur von 2007 bis 2012 günstiger. Da bleibt nur die Frage, wie stabil die Gewinnentwicklung deutscher Unternehmen in der Zukunft ist. Angesichts hoher Energiekosten, steigender Zinsen im nächsten Jahr und möglicher Handelskonflikte (USA, Brexit) bestehen echte Gefahren für die Gewinne. Die KGVs könnten wegen politischer Unsicherheit in Italien und Deutschland etwas niedriger sein. Fundamental ist der Dax gut aufgestellt, besonders im Vergleich zu den weit teureren US-Aktien. Mit höheren Kursschwankungen als in den vergangenen zehn Jahren ist zu rechnen. Ein Crash ist aber unwahrscheinlich.