© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 49/18 / 30. November 2018

Umwelt
Roß und Reiter
Martina Meckelein

Sollte aus klimapolitischen Gründen das Auto in Deutschland abgeschafft werden und auch das Fahrrad – wegen zu hoher CO2-Produktionsemissionen in China – nicht mehr verkäuflich sein, dann bleiben für den Individualverkehr nur zwei Möglichkeiten, um von A nach B zu gelangen: entweder auf Schusters Rappen oder mit einem richtigen Gaul unterm Hintern. Vielleicht haben die im Bundestag genau das hinter verschlossener Tür schon ausgekungelt? Man weiß es nicht. Sicher ist aber, daß 35 Abgeordnete parteiübergreifend  den „Parlamentskreis Pferd“ gegründet haben. Der deutsche Souverän ist auf- und abgeklärt genug, um zu erahnen, daß die gewählten Volksvertreter nicht plötzlich zur Erkenntnis gelangt sein könnten, daß man das Denken (und damit Regieren) besser den Pferden überlassen sollte, weil die einen größeren Kopf haben.

Wenn sich Ursula von der Leyen und Andrea Nahles engagieren, dann geht es um Großes.

Nein, selbstredend vermutet jeder, daß es sich um Lobbyismus handelt. Und der hat sich wohl weniger dem Pferdeschutz verschrieben. Denn ginge es um das Pferd, wären schon seit Jahren diese vermaledeiten Tiertransporte verboten und strengere Richter- und Veterinärkontrollen bei Turnieren und Schlachtungen erlassen worden. Aber wen interessiert schon eine Pferde-Rollkur, oder ob ein Tier mit durchschnittenen Nervensträngen sich noch eine Saison auf der Trabrennbahn quält, oder ihm bei vollem Bewußtsein die Gurgel aufgeschlitzt wird? Wenn politische Schwergewichte wie Ursula von der Leyen (CDU) und Andrea Nahles (SPD) sich engagieren, dann geht es um etwas wahrhaft Großes. Immerhin ist nicht zu verachten, daß der Umsatz der Pferdewirtschaft in Deutschland 6,7 Milliarden Euro beträgt – pro Jahr. 10.000 Firmen verdienen mit dem Roß ihr Geld. Also, wer bei der Deutschen Reiterlichen Vereinigung mit seinen Wünschen nicht weiterkommt, der findet beim Parlamentskreis Pferd sicher ein offenes Ohr.