© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 50/18 / 07. Dezember 2018

Nach 33 Jahren endet die deutsche Computermesse Cebit
Die Digitalisierung siecht
Henning Lindhoff

Nach 33 Jahren ist Schluß. Obwohl die Cebit sich in diesem Jahr zu einem ansehnlichen Festival gewandelt hatte, will die Deutsche Messe AG die international angesehenste deutsche Digitalveranstaltung nicht weiterführen. Die Cebit zählte in ihrer Hochphase 850.000 Besucher. Zuletzt kamen gerade einmal 120.000. Allgemein geht der Trend weg von Riesenmessen. Die E3 in Los Angeles hatte zuletzt ähnliche Probleme. Sogar Großproduzent Sony blieb dort fern.

Die Kölner Gamescom verzeichnet zwar wachsende Besucherzahlen. Doch bleibt abzuwarten, was passiert, sollte ein Aussteller vom Kaliber Sonys absagen. Bei den Zahlen hilft die Gamescom bereits nach, indem sie zu den Fachbesuchern Tickets verkauft. Gezählt wird hier nicht der einzelne Gast, sondern der Besuch pro Tag.

Die großen Produzenten werden in Zukunft mehr Energie auf Hausmessen und auf Internetpräsentationen setzen. Auf diese Weise müssen sie nicht die unzähligen Regularien der Messebetreiber erfüllen und können die horrenden Standkosten sparen.

Die Cebit hatte stets diejenigen hofiert, die viel Geld zahlen. Hohe Einnahmen über Standverkäufe waren allzuoft wichtiger als die thematische Ausrichtung, das Aufspüren von Trends und die Wirkung auf wichtige Multiplikatoren.

Ein Beispiel: Daß eine einstündige Nutzung des Messe-WLans zuletzt neun Euro kostete, vergraulte viele Messebesucher und vor allem auch Youtuber, die in der öffentlichen Wahrnehmung die entscheidenden Punkte setzen.

Unter einer dicken Kruste aus Ideenlosigkeit und mangelnder Zukunftszugewandtheit stecken zudem entscheidende strukturelle Probleme. In den Führungsgremien des Veranstalters, der Deutschen Messe AG, sitzen Politiker, so weit das Auge reicht.

Als Aufsichtsratsvorsitzender fungiert Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU). Neben ihm haben der Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU), der Umweltminister Olaf Lies (SPD), der Bürgermeister von Hannover (SPD) und einige IG-Metall-Funktionäre ihre Posten bezogen. Und Niedersachsen wäre nicht Niedersachsen, wäre nicht auch noch Platz für ein Vorstandsmitglied von Volkswagen.

Das Ende der Cebit ist ein weiteres Symptom für den Niedergang des einstigen Innovationsweltmeisters Deutschland. Während andere IT-Dinosaurier der neunziger Jahre, wie IBM und Microsoft, sich neu erfinden konnten, siechte die Cebit langsam, aber sicher hinfort. Nun liegt sie begraben unter zuviel Politik.

Mit ihr ist mehr gestorben. Mit ihr ging auch der Glaube an die gegenwärtigen Entscheider Deutschlands. Diese bieten keine Lösungen. Deutschland liegt im Tiefschlaf – analog und digital.

 www.cebit.de

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