© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 51/18 / 14. Dezember 2018

Brexit-Verhandlungen
Umkehr und Vergebung
Albrecht Rothacher

Theresa May schwimmen die Felle davon. Im zerstrittenen Unterhaus traut sich die Premierministerin keiner Abstimmung mehr zu stellen. Also kehrt sie mit dem Mut der Verzweiflung nach Brüssel zurück, um neue Klauseln an dem Austrittsvertrag zu verhandeln, an dem es laut EU aber nichts mehr zu verhandeln gibt. Zwei Jahre Übergangszeit bietet Brüssel den Briten, während der sie bis 2021 weiter als EU-Territorium behandelt werden, aber nichts mehr mitbestimmen dürfen. 

Die Träume der Brexetiers nach Wohlstand durch ersparte EU-Beiträge sind längst ebenso verflogen wie die von Sonderbeziehungen mit dem Rest der Welt. Donald Trump freute sich über die Schwächung der EU, Wladimir Putin über den Ausstieg der britischen Scharfmacher. Für das Commonwealth, China, Kanada, Japan und Korea haben die Handelsbeziehungen zum EU-Markt Vorrang vor dem verarmten und politisch isolierten Klein-England.

Kürzlich entschied der Europäische Gerichtshof, das Vereinigte Königreich könne seinen Austrittsantrag jederzeit zurücknehmen. Damit hätten die Briten in zwei Jahren Bedenkzeit nach Neuwahlen und einem neuen Referendum nach dem Motto „Komm zurück. Alles ist vergeben!“ die hoffentlich faire Chance auf eine Neuverhandlung ihrer Mitgliedschaftsbedingungen. Im gesamteuropäischen Interesse an einer reformierten EU wäre dies sehr zu wünschen.