© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 51/18 / 14. Dezember 2018

EU-Finanzminister beschließen Reformplan für die Eurozone
Auf Gedeih und Verderb
Thorsten Polleit

Nein, ein großer Wurf ist es nicht geworden. Frankreichs Hoffnung, die Währungsunion unzertrennlich zu machen, gekrönt mit einem gemeinsamen Haushalt, hat sich auf dem Finanzministertreffen nicht erfüllt. Die Niederlande, Finnland, die Balten, Schweden und Dänemark sind Paris und seinen Verbündeten nicht gefolgt. Das Gemeinschaftsbudget soll es, wenn überhaupt, erst ab 2021 geben – und dann nur in Kleinformat, zusammen mit einem mehrjährigen EU-Finanzrahmen. Das Bestreben, den Euro-Rettungsfonds ESM in einen Europäischen Währungsfonds (EWF) umzuwandeln, hat aber Fortschritte gemacht.

Ab 2024 soll der parlamentarisch unkontrollierte ESM strauchelnden Banken Notkredite (Backstop) verabreichen dürfen. Zudem darf er ab 2022 einen Schuldenschnitt aller ausstehenden Schuldpapiere mit den Gläubigern durchsetzen können (Single Limb CAC). Auch soll der ESM einem EU-Land ohne wirtschaftspolitische Auflagen eine Kreditlinie einräumen, wenn es den Kapitalmarktzugang ohne eigenes Verschulden verloren hat.

Bei der Bankenunion zeigten sich die Deutschen unnachgiebig: Die Einlagensicherung für Banken (Edis) soll es so lange nicht geben, bis die Ausfallrisiken in den Bankbilanzen – vor allem in Form von heimischen Staatsanleihen – nicht abgeschrieben wurden. Die südeuropäischen Geldhäuser werden ihre Probleme nicht auf andere abwälzen können. Doch die Kreditqualität im EU-Süden bleibt schlecht, der Anreiz, das Geld von italienischen, spanischen und portugiesischen Banken abzuziehen und nach Deutschland zu bringen, groß.

Das dürfte die Target-2-Problematik (JF 26/18) verschärfen: Schon heute beläuft sich der zinslos-unbesicherte Targetsaldo der Bundesbank auf 941,1 Milliarden Euro. Für die Deutschen wird es ruinös: Entweder finanzieren sie direkt mit ihren Steuergeldern marode Euro-Banken und Staaten – oder die Targetsalden schwellen weiter an und erreichen untragbare Größenordnungen. Der Europäische Gerichtshof segnete die billionenschweren Wertpapierkäufe der EZB erwartungsgemäß ab. Bedenklich muß vor allem stimmen: Die EU-Regierungen und ihre Bürokraten haben nach wie vor keine überzeugende Krisenerklärung vorgelegt, auf deren Grundlage die Sinnhaftigkeit ihrer Reformbemühungen beurteilt werden könnte.

Die Euro-Eliten wollen die Einheitswährung auf Gedeih und Verderb erhalten – auch wenn das zusehends gegen die wirtschaftliche Vernunft verstößt, den Bürgerwillen mißachtet, die freiheitliche Ordnung in Europa zu zerstören droht. Immerhin: Die Durchgriffsmöglichkeiten der Euroretter, ungehemmt voranzuschreiten zu können, scheint an Grenzen zu stoßen. Das hat das jüngste Treffen der 27 EU-Finanzminister in Brüssel gezeigt.






Prof. Dr. Thorsten Polleit ist Volkswirtschaftler und Präsident des Mises-Instituts.

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