© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 51/18 / 14. Dezember 2018

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Kita kündigt Erzieherin wegen Kopftuch

HAMBURG. Eine Kindertagesstätte in Hamburg hat einer Erzieherin gekündigt, weil sie auf das Tragen eines Kopftuchs bestand. Das teilte der Rechtsanwalt der Pädagogin, Klaus Bertelsmann, mit. Danach war die Erzieherin vor sieben Jahren zum Islam übergetreten. Nach der Geburt ihres ersten Kindes entschied sie sich, aus religiösen Gründen ein Kopftuch zu tragen. Nachdem sie trotz mehrfacher Abmahnungen das Kleidungsstück auch während der Arbeitszeit trug, kündigte ihr der Träger der Kita, „Wabe e.V.“, im Frühjahr 2018 mit Verweis auf eine „Neutralitätsanordnung“. Weil die Erzieherin derzeit ihr zweites Kind erwartet, nahm der Arbeitgeber die Kündigung zurück und stellte sie frei. Im Anschluß beantragte der Kita-Träger eine Kündigung beim Amt für Arbeitsschutz. Die Sprecherin von Wabe e.V., Katja Wohlers, begründete den Schritt gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur idea mit „dem verbindlich postulierten Neutralitätsgebot“ des Trägervereins: „In politischer, weltanschaulicher und religiöser Hinsicht setzen wir als sozialer und Bildungs-Träger auf absolute Neutralität. Sie ist seit vielen Jahren fester Bestandteil unseres pädagogischen Konzepts und für das Personal arbeitsrechtlich verpflichtend.“ Gegen die Abmahnungen hatte die Erzieherin vor dem Arbeitsgericht Hamburg geklagt. Nach Schilderung ihres Anwalts Bertelsmann beschloß das Gericht, vor einer Entscheidung den Europäischen Gerichtshof zu befragen. Dieser prüft nun die Rechtmäßigkeit des Neutralitätsgebots des Arbeitgebers. Nach Ansicht Bertelsmanns darf es eine solche Verordnung nur geben, „wenn durch das Verhalten der Betroffenen konkrete Störungen im Betrieb entstanden sind oder unmittelbar drohen“. Eine Arbeit mit Kopftuch sei jedoch „ganz normal auch im Erziehungsbereich möglich, die Kinder kennen dies ja auch aus ihrem täglichen Erleben“. Das Bundesverfassungsgericht hatte 2015 geurteilt, daß in Bildungseinrichtungen in öffentlicher Trägerschaft ein pauschales Kopftuchverbot für Lehrkräfte nicht mit der Verfassung vereinbar ist. Ein solches Verbot setze „eine hinreichend konkrete Gefahr der Beeinträchtigung des Schulfriedens oder der staatlichen Neutralität“ voraus. Der Europäische Gerichtshof hatte dagegen 2017 entschieden, daß Arbeitgeber das Tragen weltanschaulicher Zeichen verbieten können, wenn etwa gegenüber Kunden politische, philosophische oder religiöse Neutralität gewahrt werden soll. (idea/JF)





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