Die Empörung war groß: „So verhöhnt die AfD den Bundestag“, titelte die Bild-Zeitung. Während der laufenden Sitzung am vergangenen Freitag hatte die Oppositionsfraktion die Beschlußfähigkeit angezweifelt, einen „Hammelsprung“ erzwungen, war aber dann selbst nicht im Plenarsaal zur Zählung erschienen. Ziel des Boykotts: die Beschlußunfähigkeit des Parlaments herbeizuführen. Es sollte ein kleiner Nadelstich sein, eine Revanche für die abermalige Nicht-Wahl der AfD-Abgeordneten Mariana Harder-Kühnel zur Vizepräsidentin des Bundestags. Weil allerdings die anderen Fraktionen noch genügend Abgeordnete herbeitelefonieren konnten, ging der Coup ordentlich in die Hose – und die Häme der anderen über die „Chaos-Truppe“, die gesenkten Hauptes in den Plenarsaal zurückkehren mußte, war naheliegend. Diejenigen jedoch, die sich nun über das „antidemokratische“ Gebahren ereiferten, seien daran erinnert, daß vor sechseinhalb Jahren die damalige Opposition aus SPD, Grünen und Linkspartei exakt denselben parlamentarischen Trick angewandt hatte, um vor der Sommerpause den Beschluß des Betreuungsgeldes zu verhindern. Die AfD hätte also die ganze Aktion nur besser planen und wohl nur noch ein Weilchen warten müssen: bis die meisten Abgeordneten bereits in der Bahn oder im Flugzeug gewesen wären.