© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 52/18-01/19 / 21./28. Dezember 2018

Frisch, Böll, Grass, Wallraff gegen die griechische Junta
Früher Empörungsjournalismus
(wm)

Verglichen mit Arno Schmidt, dem bislang wohl einzigen deutschen Jahrhundertautor nach 1945, handelt es sich bei Max Frisch, Heinrich Böll, Günter Grass und erst recht bei Günter Wallraff um B-, wenn nicht C-Prominenz, die heute bereits dem literaturhistorischen Gedächtnis zu entschwinden beginnt. Das minderte jedoch nie ihr Gewicht als „moralische Autoritäten“, wie der umfangreichen Studie von Chryssoula Kambas (Osnabrück) über das politische Engagement der vier Hyperaktivisten im publizistischen Kampf gegen die von 1967 bis 1974 in Griechenland herrschende Militärjunta zu entnehmen ist (Euphorion, 112/2018). Besonders Grass, dessen „Zugang zum Machthaber“ (Carl Schmitt), dem Außenminister und ab 1969 Bundeskanzler Willy Brandt, in nicht weniger als 300 Briefen dokumentiert ist, tat sich dabei mit „weltpolitisch ausgreifenden“ Interventionsideen hervor, mit denen er die sozialliberale Koalition zu „Worten und Taten gegen die Militärdiktatur in Griechenland“ drängen wollte. Was Brandt zur beschwichtigenden Einlassung gegenüber dem um Nato- und Rüstungsinteressen besorgten Außenminister Walter Scheel (FDP) veranlaßte, „kein Einzelner“ könne Regierungspoliktik präjudizieren. Diese literarische Amateurpolitik resümiert Kambas’ Urteil über den „genuinen Antiintellektualismus“ des beim „RTL-Empörungsjournalismus“ gelandeten Wallraff. 


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