© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 02/19 / 04. Januar 2019

CD-Kritik: Richard Strauss – Christian Thielemann
Stuck auf Beton
Jens Knorr

Den Richard Strauss der Staatskapelle Dresden lernte man lange Zeit zuvörderst in der Gesamteinspielung des Orchesterwerks unter Rudolf Kempe aus den 70ern hören, die beiden Hornkonzerte spielte Peter Damm. Das erste, das „Concert für das Waldhorn“ op. 11, nahm Damm verhalten, fast scheu, als müsse sich der Interpret dafür rechtfertigen, zwischen Komposition und Hörer zu stehen. Generationen später legt es Robert Langbein mit sorglos besitzergreifender Gebärde auf hochglanzpolierten, festlichen Klang aus.

Unter dem Dirigat von Kempe gaben die Musiker den „Metamorphosen“ für 23 Solostreicher, dem Klagegesang ob der Kriegsverwüstungen, warnende Dringlichkeit, die unter dem Dirigat von Christian Thielemann aus üppigem Sound bei süchtigem Bogenschwung nicht leicht herauszuhören ist.

Konnte die Staatskapelle über die Zeit der DDR hinweg ihre Klangtradition bruchlos fortsetzen, so scheint sie die heutigen tags wie eine Monstranz vor sich herzutragen. Zusammen mit der frühen Bläserserenade op. 7 und der späten Bläsersonatine „Aus der Werkstatt eines Invaliden“ op. 135 vermitteln Hornkonzert und „Metamorphosen“ in den hier veröffentlichten Konzertaufnahmen von 2014 den Eindruck der Simulation längst verlorenen Klangideals. Zuviel auf Beton geklatschter Stuck: zuviel Neumarkt, zuwenig Hellerau!

Richard Strauss Hornkonzert Nr. 1 u.a. Profil Edition Günter Hänssler 2018  www.haensslerprofil.de