© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 03/19 / 11. Januar 2019

Grüße aus Bern
In der Käsehölle
Frank Liebermann

Kulinarisch betrachtet ist Bern in Ordnung. Spezialitäten wie Bündner fleisch, Rösti, Birchermüsli und die Halal-Toblerone sind weit über die Schweizer Landesgrenzen bekannt. Hinzu kommen zahlreiche Spezialitäten aus den angrenzenden Nachbarländern, die in die Speisekarten integriert wurden.

Französische Pasteten, deutsches Bier und italienischer Parmaschinken sind nur einige der lekkeren Dinge, die in den Schweizer Speiseplan eingeflossen sind. Aus kulinarischer Sicht bin ich daher glücklich. Dies ändert sich aber jedes Jahr mit dem Einbruch der kalten Jahreszeit. Ein Schweizer Nationalgericht macht mir das Leben zur Hölle: Fondue.

Die normalen Bestandteile eines Fondue sind an sich ja nicht schlimm. Verschiedene Sorten Käse, Weißwein, Knoblauch und Kirschschnaps, da gibt es nichts einzuwenden. Das ändert sich, wenn die Zutaten miteinerander vermengt und erhitzt werden. Dann verströmen sie einen unerträglichen Gestank.

Wer auf ein Minimum an sozialer Interaktion besonderen Wert legt, muß leiden.

Vor allem für Personen wie mich, die gar keinen Käse essen, ist ein Gang durch die Berner Innenstadt die Geruchsapokalypse. Der muffige Geruch, der eine Melange aus verschwitzten Socken, Achselschweiß und Buttersäure ist, läßt sensible Nasen die Flucht ergreifen. Hinzu kommt, daß bei mir zwar das Gehör schlechter wird und ich mittlerweile eine Lesebrille benötige, aber meine Nase noch bestens funktioniert.

Es ist nicht so, daß man dem Gestank entkommen könnte. Wer auf ein Minimum an sozialer Interaktion besonderen Wert legt, muß leiden. Fast jedes Restaurant glaubt, diese gnadenlose Stinkerei anbieten zu müssen. Damit ist an eine normale Nahrungsaufnahme nicht mehr zu denken. Sobald nur ein Tisch Fondue konsumiert, ist selbst der größte Raum verseucht. Aber auch auf Weihnachtsmärkten kennen die Berner keine Gnade. Ein gemütliches Abfüllen mit Glühwein war nicht möglich, da auch hier Fonduehütten die Gegend verstinken. Besonders findige Gastronomen stellten Fonduehütten vor ihre Etablissements.

Unter hygienischen Gesichtspunkten kann das Fondue ebenfalls nicht punkten. Eine Vielzahl von Personen rührt ihren bakterienversetzten Sabber in die Brühe. Wer sich nun in Deutschland sicher glaubt, der täuscht sich. Ein findiger Nahrungsmittelkonzern hat ein Mikrowellenfondue entwickelt. Somit gilt auch bald für den Rest der Welt: „Chli stinke müß es“.