© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 03/19 / 11. Januar 2019

„Ich hörte die Schreie der Gefolterten“
Thamy und Josh Holt: Gefangen im „El Helicoide“
(JF)

Billy Six sitzt in El Helicoide. Doch wie lebt es sich in dieser venezolanischen Conciergerie? amy Holt saß unschuldig in dem Gefängnis des Geheimdienstes Sebin. Die Venezolanerin hatte den US-Amerikaner Joshua Holt in ihrer Heimat geheiratet. Schon kurz nach der Hochzeit wurden die beiden festgenommen. Der Geheimdienst beschuldigte sie der Spionage, der Destabilisierung der Regierung Maduro und darüber hinaus des Besitzes von Waffen. Nach zwei Jahren konnten die beiden auf Druck von US-Senatoren in die USA zurück. Dort wurden sie im Mai 2018 von Donald Trump im Weißen Haus empfangen. amy Holt schildert in der ihre Eindrücke.

„Helicoide ist ein politisches Gefängnis und Sitz verschiedener Polizeibehörden unter anderem des Nationalen Geheimdiensts, Sebin. Ich weiß, daß die erste Ebene dem Sebin zugeordnet ist und intern zwei Ebenen aus Zellen und Verwaltungsbüros bestehen. Die Sebin-Beamten werden Brigadisten genannt, weil sie Brigaden von 8 bis 15 Beamten bilden. Bei unserer Verhaftung liefen alle von einem Ort zum anderen, machten Fotos, nahmen unsere Fingerabdrücke. Unsere Sachen wie Hausschlüssel, Handy, Gürtel, Schuhe wurden konfisziert. Drei Tage durfte ich nicht baden, konnte nur einmal am Tag zur Toilette. Wenn die Beamten gut gelaunt waren, durfte ich zweimal gehen. Keiner von uns bekam Gefängniskleidung. Uns halfen andere Häftlinge, indem sie uns ihre Hygieneartikel, Kleidung und Sandalen gaben. Es ist heiß, einige Zellen verfügen über eine Klimaanlage. Das Licht auf den Korridoren ist ständig eingeschaltet. In meiner Zelle hatte ich zwei Badezimmer für 33 Frauen. Josh hatte eine Einzelzelle, kein Bad, er wurde einmal täglich von den Beamten auf die Toilette gebracht. Wenn er urinieren wollte, mußte er dies in Cola- Flaschen tun, und wenn er Stuhlgang hatte, benutzte er Zeitung, wickelte alles ein und steckte es in eine Plastiktüte, bis die Beamten ihm erlaubten, zur Toilette zu gehen. Jeder Gefangene erhält drei Mahlzeiten pro Tag. Als ich dort war, bekamen wir jeden Tag Arepa mit Käse zum Frühstück, Pasta mit Hackfleisch zum Mittag- und Abendessen. Die Lebensmittel müssen sie mit den Händen essen. Aus der Zelle gehen sie nur raus, wenn Sie Besuch von der Familie oder Ihrem Anwalt erhalten. Die Angehörigen der Gefangenen sind dafür verantwortlich, ihnen Zahnpasta und Kleidung ins Gefängnis zu bringen. Wir erhielten nur eine ärztliche Grundversorgung. Es gibt Folterungen. Sobald ich ankam, erzählten mir die Mädchen, daß ein Mann Selbstmord begangen hatte, sie nannten ihn den Flieger. Aber ich habe es nie mit eigenen Augen gesehen. Oft hörten wir, wie Frauen und Männer geschlagen wurden. Wir hörten ihre Schreie und Bitten um Hilfe.“