© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 03/19 / 11. Januar 2019

Blick in die Medien
Netflix knickt ein
Tobias Dahlbrügge

Stolze Wüstensöhne sind von Natur aus empfindlich gegenüber Kritik. Das erfuhr auch der Streamingdienst Netflix. Der amerikanische Komödiant Hasan Minhaj veräppelte in einer Comedy-Show mit dem Titel „Patriot Act“ den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman und kritisierte die saudischen Militäroperationen im benachbarten Jemen. Der Satiriker machte sich auch über die grotesken Ausreden aus Riad im Fall der Ermordung des kritischen Journalisten Jamal Khashoggi lustig.

Der politische Druck aus Riad war wohl zu groß, und so wurde die Folge zurückgezogen.

Für Netflix handelte es sich bei Minhajs Auftritt um Satire. Für das Saudi-Königshaus war es „Cyberkriminalität“ und ein Gesetzesverstoß. Riad ließ Netflix eine „rechtskräftige Aufforderung zur Befolgung der örtlichen Gesetze“ zukommen, sprich zur Unterbindung des Angebotes der brisanten Folge für saudische Internetnutzer.

Der Anbieter erklärte darauf heldenhaft: „Wir unterstützen mit Nachdruck weltweit die künstlerische Freiheit!“ – und zog doch die Folge in Saudi-Arabien zurück. Der politische Druck aus Riad war wohl doch zu stark. Immerhin hat das saudische Informationsministerium einen Kooperationsvertrag mit der PR-Agentur WMP Eurocom, für die auch der frühere deutsche Botschafter Dieter Haller tätig ist. Außerdem hält Saudi-Arabien große US-Staatsanleihen sowie Anteile an Mövenpick, Citibank, Apple, Twitter und Time Warner etc. Vielleicht hatten die Verantwortlichen auch Angst, demnächst in eine saudische Botschaft bestellt zu werden. Wer weiß?

Nur ist es so, daß das Internet nicht nur für gewisse Kanzlereusen Neuland ist, sondern offenbar auch für saudische Ölscheichs, denn die Verbreitung der inkriminierten Folge läßt sich nicht verhindern wie eine Fernsehausstrahlung. Auf Youtube verzeichnete das Video von Minhajs Auftritt schon eine Woche nach dem Vorfall eine halbe Million Zugriffe.