© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 03/19 / 11. Januar 2019

Frisch gepresst

Heideggers Relotius. Wie deprimierend weit der Schwund historischen Bewußtseins in journalistisch-akademischen Kreisen fortgeschritten ist, zeigen nicht erst die jetzt so verspätet wie milde („Hoax“, Patrick Bahners) gerügten Zitatfälschungen des Schriftstellers Robert Menasse, die suggerierten, Walter Hallstein habe als hoher Funktionsträger des „Klassenfeindes“ 1958 eine Rede in der Volksrepublik Polen, genauer in Auschwitz, halten dürfen (Seite 13). Solche Leichtgläubigkeit hat schon den Coup der „Hitler-Tagebücher“ (1983) ermöglicht, ebenso wie die Skandalisierung der „Schwarzen Hefte“. Jener ab 2013 edierten Notizbücher Martin Heideggers aus der NS-Zeit, die seine Philosophie als vermeintlich „rassenantisemitisch kontaminiert“ auswiesen. Zwecks karrierefördernder Aufmerksamkeitsakquise scheute der Editor Peter Trawny selbst vor der absurden Behauptung nicht zurück, den Denker habe dabei das Groschenheft der „Protokolle der Weisen von Zion“ inspiriert (zuletzt JF 5/18). Nun meldet sich dieser Relotius der Heidegger-Exegese erneut zu Wort. Wie üblich faktenarm und meinungsstark phantasiert er unbeirrt über Heideggers „schmerzhaften Antisemitismus“, dessen „exzentrischen Nationalsozialismus“, dessen „Über-Hitler“ Hölderlin. Absichtslos humorvoll preist der Verlag solche Impressionen als „einzigartige, philosophisch-literarische Einführung in Heideggers Leben und Denken“ an. (dg)

Peter Trawny: Heidegger-Fragmente. Eine philosophische Biographie. S. Fischer Verlag, Frankfurt 2018, gebunden, 316 Seiten, Abbildungen, 25 Euro  





Schlachten am Rande. Praktisch in einem Sammelband berichten vier internationale Militärhistoriker, der Niederländer Dennis Buijs, der Tscheche Robert Cadek, der Brite Richard J. Kyte und der Deutsche Hagen Seehase, über „Feldzüge und Verbände des Zweiten Weltkriegs“, die nicht an den entscheidenden Fronten kämpften und deren Schicksal deshalb bis heute unbeachtet blieb. Das gilt für den Pazifikkampf um die Aleuteninsel Attu oder die Burmastraße genauso wie die finnische Motti-Taktik gegen die Sowjets am Polarkreis, Exiltschechen gegen belagerte Wehrmachtseinheiten in Dünkirchen 1944, estnische Waffen-SS am Peipussee oder Soldaten der Freien Franzosen Leclercs, die 1945 im Elsaß kämpften und symbolträchtig Straßburg erobern sollten. (bä)

Dennis Buijs, Richard J. Kyte, Robert Cadek, Hagen Seehase: Der unbekannte Krieg. Helios Verlag, Aachen 2018, gebunden, 102 Seiten, Abbildungen, 29 Euro