© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 04/19 / 18. Januar 2019

Lesereinspruch

Vorverurteilung

Zu: „Ein ungleicher Kampf“ von Rainer Wendt (JF 2/19)

In einem Punkt muß ich den Ausführungen des Polizeigewerkschafters Wendt widersprechen: Die geforderte Beweislastumkehr bei vermutlich strafrechtlich relevanten Vermögenswerten ist ein Fehler, der nicht gemacht werden darf. Dieser widerspräche der Rechtsstaatlichkeit. Damit würde nur versucht, das bislang Versäumte durch einen faulen Trick zu kaschieren. Tatsächlich wäre das der Anfang vom Ende des Rechtsstaates. Denn früher oder später wird zum Beispiel auch der fleißige Erbringer von Eigenleistung die Frage gestellt bekommen, wie er denn mit seinem geringen Gehalt zu einer so wertvollen Immobilie gekommen sei. Wird ein solcher Vorwurf bekannt, ist er ein erhebliches Hindernis für verschiedenste andere Rechtsgeschäfte (Kredite, Mietverträge, Kontoeröffnungen etc.). Hier wäre der Drangsalierung und der Vorverurteilung eines Unbequemen Tür und Tor geöffnet. Das ist vergleichbar mit der öffentlichen Drohung, eine unbequeme Partei durch den Verfassungsschutz beobachten zu lassen – formal einwandfrei, inhaltlich aber unanständig und unrecht.

Michael Buchholz, Werder