© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 04/19 / 18. Januar 2019

Nicht rechts, sondern „notwendig“
Spanien: Vox – in Andalusien Zünglein an der Waage und auch in Spanien auf der Überholspur
Gert Bachmann

Ich bin nicht extrem rechts, sondern extrem notwendig.“ So denkt nicht nur Vox-Chef Santiago Abascal, sondern mittlerweile 13 Prozent der spanischen Wählerschaft. Nach dem fulminanten Abschneiden bei den andalusischen Regionalwahlen steigen die Aktien, sprich die Umfragewerte, der rechtskonservativen Partei Vox (die Stimme) sprunghaft an. 

Und mit dem Erfolg kommt auch die Notwendigkeit, sich vermehrter linker Angriffe zu erwehren. So spricht die sozialistische Noch-Regierungschefin Andalusiens Susana Diaz von einem drohenden „Pakt der Schande“, sollte es zu einer Kooperation zwischen der konservativen Partido Popular (PP), den rechtsliberalen Ciudadanos (Cs) und Vox kommen. Schließlich steht für die Sozialisten, PSOE, die 36jährige Führung der Regionalregierung auf dem Spiel. 

Linke Mehrheiten sind nunmehr eine Illusion 

Jedoch entspricht der mögliche Machtwechsel dem Wählerwillen. Zwar blieb die PSOE stärkste Partei, aber mit massiven Verlusten und ohne die Option einer Mehrheit links der Mitte. Diese existiert hingegen rechts der Mitte. Vox könnte in die Rolle des Königsmachers schlüpfen, indem PP und Cs die Karte des Bürgerblocks ziehen. Immerhin wurden die Neuwahlen in Andalusien notwendig aufgrund der Aufkündigung der Bereitschaft von Cs, die PSOE weiterhin zu stützen. 

Die landesweiten Umfragen spiegeln dieses Regionalbild grosso modo wider. PP 19 Prozent, Cs knapp dahinter, Vox 13. PSOE 23 und der linksextreme Podemos 16 Prozent. Ministerpräsident Pedro Sánchez regiert derzeit mit Linksaußen und Separatisten, aber Neuwahlen würden rasch andalusische Verhältnisse herstellen. In Madrid richtet man daher die Augen Richtung andalusischer Verhandlungen. Der Präsident der PP, Pablo Casado, spricht von einem möglichen Modell für ganz Spanien, wenn eine Übereinkunft gelingen sollte. 

Auf der Suche nach den Wurzeln des Vox-Erfolges erklärt der Politologe Pablo Simon: „Es war nur eine Frage der Zeit. Schließlich haben wir die gleichen Probleme wie der Rest Europas.“

 Doch gerade vor den Regionalwahlen ignorierten die professionellen Politbeobachter die Auspizien, welche darauf hindeuteten, daß Vox aufhorchen lassen wird. Zwar überraschten die 900.000 Stimmen, die der „Stimme“ ein europaweites Echo verliehen, Gegner wie Anhänger. Aber Abascals Zuversicht war mehr als nur Zweckoptimismus geschuldet. Das Anwachsen der Zuschauerzahlen bei Veranstaltungen und in den sozialen Medien hätte auch den steuerzahlerfinanzierten „Profis“ an den Politinstituten nicht entgehen dürfen. 

So mußten die Chancen von Vox, außerhalb des gehobenen Mittelstandes Wähler anzusprechen, von gering auf hoch revidiert werden. Die Evolution von der rechten Honoratiorenpartei zur sogenannten Arbeiterpartei neuen Typs erfolgte im Hyperschallbereich. 

Islamisierung, Zuwanderung in die Sozialsysteme, steigende Gewaltkriminalität, Aushöhlung traditioneller Familienwerte, für die Abascal eine autoritäre Frauenbewegung verantwortlich macht, „die die Hälfte der Bevölkerung unter Generalverdacht stellt, weil sie Männer sind“, prägen den Politikstil der Vox ebenso wie eine „Social Media“-Kampagne in Ermangelung von Beachtung durch die klassischen Berichterstatter. Für besondere Aufmerksamkeit sorgt die Forderung nach einer Abschaffung der Regionalparlamente („Wir wollen ein Spanien, keine 17“) oder die Förderung des Stierkampfes.

 Abascal zeigt sich siegessicher. Die jüngsten Ergebnisse und Umfragen seien „nur ein Vorgeschmack auf unseren Vormarsch in ganz Spanien“, erklärt der 42jährige.