© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 05/19 / 25. Januar 2019

Nicht nur Mays Tories, auch Labour bekommt sein Fett weg
Großbritannien: Regierungschefin Theresa May überrascht mit ihrem eher mageren Plan B / Meinungen der Briten über den Brexit gehen weit auseinander
Josef Hämmerling

Der  von Theresa May angekündigte Plan B zum Brexit ist bestenfalls ein Plan A+. So kündigte die britische Premierministerin lediglich an, neue Verhandlungen mit der EU zum sogenannten Backstop aufzunehmen und hierüber auch mit der irischen Regierung direkt sprechen zu wollen. Der Backstop ist das größte Hindernis für eine Zustimmung der Konservativen Partei und der erzkonservativen nordirischen Democratic Unionist Party (DUP), die zusammen die Mehrheit im britischen Unterhaus haben und die Regierung stützen. Um auch weiterhin offene Grenzen zwischen der Republik Irland und Nordirland zu garantieren, soll Großbritannien demnach in der Zollunion verbleiben und damit ohne eigenes Stimmrecht alle diesbezüglichen EU-Beschlüsse umsetzen, was die Mehrheit der Abgeordneten auf keinen Fall will.

Während EU-Ratschef Donald Tusk derartige Pläne ablehnt und der irische Außenminister Simon Coveney klarstellte, seine Regierung beharre auf dem Backstop, sind Polen und Rumänien zu Zugeständnissen bereit. So sprach sich Polens Außenminister Jacek Czaputowicz für eine Befristung der Backstop-Garantie auf fünf Jahre aus. Auch Rumänien, das aktuell den EU-Vorsitz innehat, zeigte sich offen für Änderungen am Brexit-Abkommen. Entsprechend  gab sich der Tory-Abgeordnete Graham Brady gegenüber BBC davon überzeugt, im Fall einer Lösung des Backstop-Problems die Zustimmung des Parlaments zu bekommen.

Derweil gerät in Großbritannien Oppositionschef Jeremy Corbyn von der Labour-Partei immer mehr unter Druck. Die Financial Times schrieb spöttisch, May sei nicht in der Lage, einen Plan B vorzustellen, „doch Mr. Corbyn müsse erst einmal einen Plan A finden“. Immer größer werden die Vorwürfe gegen den 69jährigen, er laviere anstatt die Opposition anzuführen.

Arbeitsmarktdaten sprechen für die Konservativen 

So gilt Corbyn nicht als unbedingter „Remainer“, also als jemand, der unbedingt in der EU bleiben will. Vielmehr kann er sich einen Austritt aus der EU bei gleichzeitigem Abschluß eines Freihandelsabkommens vorstellen. Ferner herrscht mehr und mehr Unverständnis, warum der Labour-Politiker vor direkten Gesprächen mit May auf dem Verzicht eines harten Brexits beharrt. 

Unter diesem Druck reichte Corbyn nun einen Brexit-Änderungsantrag ein, der die Regierung auffordert, dem Unterhaus Zeit für Beratungen zu geben, um einen ungeregelten Austritt Großbritanniens aus der EU abzuwenden. Auch solle es Nachverhandlungen etwa beim Thema Zollunion geben. Vorgeschlagen wird zudem eine Volksabstimmung „über ein Abkommen oder einen Plan“.

Unterstützung für ihre harte Haltung könnte May durch die am Dienstag veröffentlichten Arbeitsmarktdaten erhalten. Zwischen September und November 2018 ist die Arbeitslosenrate in Großbritannien nach Angaben  des Statistikamts ONS  auf vier Prozent gefallen. Gleichzeitig stieg die Zahl der Arbeitsplätze um 141.000 Stellen, wobei Fachleute lediglich 85.000 erwartet hatten. Der Lohnzuwachs lag bei 3,4 Prozent, so hoch wie seit Mitte 2008 nicht mehr. 

Einer am Dienstag veröffentlichten Umfrage des Instituts ICM zufolge sind 28 Prozent der Briten für einen harten Brexit, sollte es zu keinem mehrheitsfähigen Abkommen mit der EU kommen. Dagegen sprachen sich lediglich 24 Prozent für ein zweites Referendum, 13 Prozent für einen sogenannten weichen Brexit und elf Prozent für Neuwahlen aus. Acht Prozent der Befragten wollen, daß May weiterhin versucht, für das jetzt ausgehandelte Abkommen eine Mehrheit im Unterhaus zu bekommen. 16 Prozent haben keine konkrete Meinung.