© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 05/19 / 25. Januar 2019

Leserbriefe

Zum Schwerpunktthema: „AfD – Ins Visier geraten“ & „Unter Verdacht“ von Jörg Kürschner, JF 4/19

Die VS-Krise als Chance nutzen

Nun steht die AfD tatsächlich am Scheideweg. Zum Beschuß durch Antifa-Angriffe kommt die VS-Keule, die stigmatisierende „Prüffall“-Behandlung durch den Verfassungsschutz. Offensichtlich haben sich die etablierten Parteien eine solche VS-Stigmatisierung der rechten Konkurrenz sehnlichst herbeigewünscht. Zahlreiche Aufforderungen von SPD, CDU, FDP und Grünen an den Inlandsgeheimdienst, endlich tätig zu werden, sind dokumentiert. Es liegt also ein parteipolitisch motivierter Mißbrauch des „Verfassungsschutzes“ vor, der den demokratischen Parteienwettbewerb und die Chancengleichheit und somit selbst die Verfassung beschädigt. Hoffentlich durchschauen es die Wähler und lassen sich nicht einschüchtern. 

Dennoch darf die AfD nicht beim Lamento über den Mißbrauch stehenbleiben, das wäre zu billig. Sie muß auch ihre Mitschuld erkennen und Konsequenzen ziehen, denn zu viele ihrer Exponenten haben durch extremistische, teils rassistische und hetzerische Reden dem VS Angriffsfläche geboten. Teile der Jugendorganisation JA sind von Extremisten unterwandert. Führende „Flügel“-Figuren haben sich eines NPD-Jargons bedient. Die Parteiführung muß dringend die Zügel anziehen und aufräumen. Auch ohne den VS wäre ein Selbstreinigungsprozeß geboten. Vielleicht ist es notwendig, sich von der JA zu trennen und eine neue Jugendorganisation aufzubauen. Und die „Flügel“-Leute müssen sich am Riemen reißen und verbale Entgleisungen künftig peinlich vermeiden. Es wäre zu wünschen, daß noch einige mehr schillernde Figuren dem Beispiel Poggenburgs folgen und austreten; sonst müssen sie eben rausgeschmissen werden (wie etwa der Antisemit Gedeon und seine Freunde!).

Höchstens zwei Jahre wird die VS-Prüfung dauern. Gelingt es der AfD, den Angriff als Chance zur Selbstkorrektur wahrzunehmen, kann sie daraus gestärkt hervorgehen. Wenn nicht, werden leider unter dem Druck der VS-Stigmatisierung mehr und mehr der 33.000 Mitglieder sich zurückziehen müssen (nicht nur Beamte und Beschäftigte des öffentlichen Dienstes wie Polizisten, Soldaten und Justizangestellte, sondern auch Angestellte und Selbständige – alle, die einen Ruf zu verlieren haben), und der Partei droht schrittweise das gesellschaftliche Abseits. Kurzfristig mag es bei den Wahlen – gerade im Osten im Herbst – keine Delle geben, aber mittel- und langfristig sind die Gefahren sehr groß. Bitte: Wacht auf und handelt klug! Deutschland braucht eine demokratisch-rechte, patriotische Kraft, die sich dem Linkstrend der anderen Parteien entgegenstemmt.

Dr. Peter Müller, München




Fast wie im Mittelalter

Da wird die AfD als einzige Partei in Deutschland, die die Zerstörung und den Ruin dieses Landes durch illegale Masseneinwanderung, vor massenhafter Ausländerkriminalität und die Bürger vor dem undemokratischen Moloch in Brüssel beschützen will, zum Prüffall beim Bundesamt für Verfassungsschutz. Das ist fast wie im Mittelalter, wo statt des Verursachers der Überbringer einer schlechten Nachricht aufgehängt wurde. Was ist dies für ein bösartiges und absurdes Theater durch die etablierten Alt-Parteien, die sich auch nicht scheuen, den Verfassungsschutz für ihre Ziele einzuspannen. Wir brauchen auch in diesem Land mehr Gelbwesten auf den Straßen, um diesen undemokratischen Spuk zu beenden.

Werner Christ, Überlingen






Zu: „‘Als demokratische Vorbilder ungeeignet’“, im Gespräch mit Horst Möller, JF 3/19

Nicht alle Andersdenkenden

Karl Raimund Popper hat beklagt, daß es ein „Skandal der Philosophie“ sei, wenn akademische Philosophen in einem universitären Hochbunker über Nebensächlichkeiten philosophieren, während draußen in der Welt Leid, Not und Chaos herrschten. Ähnlich beklagenswert ist es, wenn hervorragende Historiker wie Prof. Dr. Horst Müller unbekannter bleiben als manch politisch korrekter Fachgenosse. Daher ist der JF gar nicht genug zu danken, diesen wahren Wissenschaftler in einem Interview mit dem intellektuell gleichrangigen Fragensteller Moritz Schwarz vorgestellt zu haben. Daraus nur zwei im politischen Gedächtnis falsche oder vergessene Erkenntnisse: Rosa Luxemburg hat niemals daran gedacht, auch Konservative, Liberale und Sozialdemokraten in ihre Forderung einzubeziehen: „Freiheit ist immer auch die Freiheit des Andersdenkenden.“ Es ging ihr allein um unterschiedliche Ansichten innerhalb des Marxismus. Ein weiterer ganz entscheidender Hinweis für Kommunisten kommt von Moritz Schwarz. Die kommunistischen Führer nach Marx fanden in dessen Schriften keine Hinweise über die politische „Ausgestaltung“ des erreichten Kommunismus. Das ist einer der Gründe, weshalb aus einer irrwitzigen Utopie bisher überall blutige Diktaturen erwachsen mußten.

Dieter Rakete, Dresden




Umerziehung mit Halbbildung

Wieder ein gelungenes Interview mit kenntnisreicher und kluger Fragestellung durch Moritz Schwarz. Leider ist es heute nicht selten, daß Geschichte umgedeutet und uns eine höchst fragwürdige Gestalt als Vorbild präsentiert werden soll. Offensichtlich werden hierzu gerne Jubiläen mißbraucht, da viele Zeitgenossen gar nicht mehr wissen, was damals tatsächlich geschah. So brachte Die Bundeswehr, das offizielle Organ des Deutschen Bundeswehrverbandes in der Ausgabe 1/18 den Artikel eines Michael Rudloff über die Befehlsverweigerung der Matrosen der kaiserlichen Hochseeflotte im Oktober 1918 unter der Überschrift: „1918 – Matrosen ebnen den Weg zur Demokratie“. Im Text selbst wird die hanebüchene Behauptung aufgestellt : „Heute würde sie (Anm. die Meuterei der Matrosen) nach dem Prinzip der Inneren Führung als staatsbürgerliche Pflicht gelten“. Um zu einer derartig abstrusen Bewertung zu kommen, muß man schon sehr viel Marxismus/Leninismus verinnerlicht haben. Diese Feststellung fand ich jedenfalls, ausgerechnet im Organ des Bundeswehrverbandes, einigermaßen irritierend, zumal jener Rudloff zudem noch Geschäftsführer der Molinari-Stiftung ist, einer von dem hochgeachteten verstorbenen General Molinari gestifteten Einrichtung der Erwachsenenbildung, vorwiegend für junge Offiziere. Ich habe daher in einem Leserbrief in der darauffolgenden Ausgabe unter Verweis auf das Soldatengesetz dieser Fehlinterpretation der Inneren Führung entschieden widersprochen. Unmittelbar nach meinem Leserbrief wurde eine als „Anmerkung der Redaktion“ gekennzeichnete Stellungnahme veröffentlicht, in der – offensichtlich wiederum jener Rudloff – seine Thesen noch einmal bekräftigte und unter Verweis auf den Historiker Heinrich August Winkler behauptete, dies sei „anerkannter Stand der Geschichtswissenschaft“. 

Nicht nur wegen der historische Abwegigkeit dieser Behauptungen, vor allem wegen des immensen Schadens für das Geschichtsbild junger Soldaten – immerhin wird hier die Befehlsverweigerung der Matrosen gleichgesetzt mit dem soldatischen Widerstand gegen Hitler – habe ich mich daraufhin in einem persönlichen Brief an den Bundesvorsitzenden des DBwV, Oberstleutnant Wüstner, gewandt und ihn darauf hingewiesen, daß die Matrosen mutmaßlich ihre Haut, jene Soldaten im Widerstand gegen das erkennbare Unrecht im Dritten Reich ihr Vaterland retten wollten. 

Eine inhaltliche Antwort auf meinen Brief habe ich nicht erhalten. Stattdessen erschien dann in der Oktober-Ausgabe des Verbandmagazins ein Beitrag von „einem deutschlandweit renommierten Militärhistoriker“, der das Thema noch einmal aufgriff. Es war der Aufsatz des früheren Leiters des Dresdner Militärmuseums Matthias Rogg mit der Überschrift: „1918 – Meuterei – Revolte – Revolution“ und der Frage. „Eine Tradition für die Bundeswehr?“ Es nimmt nicht wunder, daß auch Rogg in seiner Auftragsarbeit die von ihm selbst gestellte Frage – wiederum unter Verweis auf den 20. Juli – bejaht. So ist das heute: Rechtswidriges Handeln aus niedrigen Motiven wird zu einem Akt staatsbürgerlicher Pflichterfüllung stilisiert und damit den Soldaten der Bundeswehr als traditionswürdig empfohlen. Basierend auf Halbbildung soll hier umerzogen werden. Die Verschwörer des 20. Juli werden sich angesichts solcher Geschichtsklitterung im Grabe umdrehen.

Hans-Joachim Kuhlwein von Rathenow, Hausen






Zur Meldung: „Kirchengemeinde verhindert Abschiebung“, JF 3/19

Schon Dostojewski warnte

In dem Artikel wird über die evangelische Luther-Kirchengemeinde in Solingen berichtet, die auf ihrer Homepage bekennt, aus Solidarität mit einem iranischen Flüchtling dessen Abschiebung nach Frankreich verhindert zu haben. Das Motiv der Kirchengemeinde ist hier also Solidarität. Laut Duden bedeutet sich solidarisieren, sich verbünden mit jemandem, um gemeinsame Ziele und Interessen zu verfolgen. Sie, die Kirchengemeinde, handelt somit politisch und nicht im Sinne des Auftrages der Kirche aus Nächstenliebe. Dostojewski hatte etwa um 1878 in seinem Tagebuch notiert, daß das Christentum immer mehr verdrängt und die Nächstenliebe deshalb durch den Begriff der Solidarität ersetzt werde.

Huno Herzog von Oldenburg, Kisdorf






Zu: „Ein Propagandist strauchelt“ von Thorsten Hinz, JF 3/18

Untaugliches Argument

Hinz’ Kritik ist wie immer fundiert und brillant formuliert, es macht Lust, sie zu lesen. Zwar greift Robert Menasse zum üblichen Totschlagargument „Holocaust“, um die Abschaffung der Nation zu rechtfertigen. Doch hier greift er daneben, da die wahren Ursachen tiefer liegen. Denn einerseits gab es vor Auschwitz den Gulag – die Antwort des Rassenmordes auf den Klassenmord (Ernst Nolte) der Kommunisten. Andererseits wurde die EWG auch als ursprünglicher Gegenpol zum Sowjetsystem gegründet.

Franz Harder, Leopoldshöhe




Naheliegende Frage übersehen

Herr Menasse und Frau Guérot fordern, Migranten in Europa eigene Städte errichten zu lassen. Warum diese Migranten solche Städte nicht schon längst in ihren Heimatländern gebaut haben statt zu migrieren, scheint kein Thema.

Eberhard Koenig, Baiern






Zu: „Das Denken mit dem Handeln verbinden“ von Christian Vollradt, JF 3/19

Handhabe bei Politikrunden

Die JF ist zu beglückwünschen, neben so vielen außergewöhnlichen Autoren auch einen derart exzellenten Autor wie Karlheinz Weißmann in ihren Reihen zu haben. Ich habe in meinem bisher 62jährigem Leben viele Zeitschriften, Zeitungen und Bücher gelesen, aber kein Autor, wie Karlheinz Weißmann, ist mir so nachhaltig in Erinnerung geblieben wie er. Es ist im Interesse aller Leser nur zu hoffen, daß er der JF noch sehr sehr lange erhalten bleibt. Oft kopiere ich seine Artikel auch, um sie bei politischen Diskussionen schnell zur Hand zu haben und auf seine Texte und Argumente zurückgreifen zu können. Leider gibt es noch zu viele Menschen, die ihn nicht kennen.

Helmut Weber, Surberg






Zur Meldung: „FDP fordert Reform der Öffentlich-Rechtlichen“, JF 3/19

Weder Bildung noch Information

Wer von den öffentlich-rechtlichen Fernseh- und Rundfunkanstalten mehr Bildung und Information wünscht, wird enttäuscht. Wenn ZDF-Intendant Thomas Bellut ab 2021 noch mehr Geld einfordert, ist das unverschämt. Nachmittags wird der Zuschauer mit abgehobenen Kochsendungen und danach mit Krimis abgespeist. Warum soviel Negatives, kaum Aufbauendes? Ärgerlich ist auch der Rundfunksender von Bayern 1. Das beginnt bereits morgens, wenn es nach den Nachrichten regelmäßig heißt: „Mehr Abwechslung – die beste Musik für Bayern“ und dann doch nur englischsprachige Musik kommt. Wo ist da Abwechslung? Da mein Wohnsitz nahe Österreich ist, kann ich diesen Musikdarbietungen wenigstens ausweichen. Österreichische Programme haben den Mut, zu ihrem Land zu stehen.

Simon Kirschner, Bad Endorf






Zu: „Verfall der Hemmungen“ von Stefan Scheil, JF 3/19

Rofrontkämpferbund übersehen

Bei der Bildbeschreibung der Einweihung des KP-Denkmals von 1926 fehlt leider der Hinweis, daß am rechten Bildrand eine Formation des Rotfrontkämpferbundes steht, der genau wie die SA zur Destabilisierung der Weimarer Republik beigetragen hat.

Dr. Konrad Saur, Bexbach






Zu: „Sieg über die Dunkelheit“ von Karlheinz Weißmann, JF 52/18–1/19

Nachhilfe bei Oswald Spengler

In Ihrem Leitartikel schreiben Sie (bewußt provozierend?) in der Unterüberschrift, daß „Stille Nacht, heilige Nacht“ in Deutschland entstanden sei. Abgesehen davon, daß es Deutschland erst seit 1871 gibt, gehörte damals Salzburg bereits zum Kaisertum Österreich. Wer noch immer nicht verstanden hat, daß die Österreicher ein eigenes Volk sind, der sei an die Worte des großen deutschen politischen Philosophen Oswald Spengler erinnert, der selbst 1919 – in einer für Österreich sehr schwierigen Zeit – Folgendes in seiner Schrift „Preußentum und Sozialismus“ zu Papier gebracht hat: „Nicht die Sprache allein schafft ein Volk. Hier wurde ein Volk, das österreichische, durch den Geist eines Hofes, dann der Geistlichkeit, dann des Adels geschaffen. Es ist den übrigen Deutschen innerlich fremd geworden, unwiderruflich, denn ein Volk von alter Züchtung kann sich nicht ändern, auch wenn es sich vorübergehend einmal darüber täuschen sollte.“

Bernhard Stummer, Graz