© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 06/19 / 01. Februar 2019

Frisch gepresst

Türme und Plätze. Der britische Historiker Niall Ferguson gilt seit zwanzig Jahren in seiner Zunft als „umstritten“, also politisch inkorrekt. Heute, als Senior Fellow der Hoover Institution in Stanford, geht er gelassen mit Kritikern um. Denn in einer Zeit, in der „geistige Vielfalt die an Universitäten anscheinend am wenigsten geschätzte Vielfalt ist“, stelle Hoover „eine seltene, wenn nicht einzigartige Bastion der freien Forschung und des unabhängigen Denkens dar“. Die Ferguson in seiner neuen Großstudie zum „Kampf um die globale Macht“ wieder zu nutzen weiß, um Geschichte aus ungewohnter Perspektive zu betrachten. Nicht mit Hegels Weltgeist, nicht mit Marxens Klassenkämpfen oder Spenglers Kulturseelen lasse sich der Gang der Weltgeschichte verstehen, sondern mit dem Gegeneinander von Türmen und Plätzen, Staat und Gesellschaft, Hierarchien und Netzwerken. Da gerade die verschwörungstheoretische Vorstellung von und die Furcht vor mächtigen Netzwerken der „goldenen Internationale“, den „Bankern, dem Establishment, dem System“, Konjunktur haben, will Ferguson mit seiner wirtschafts- und sozialhistorischen Analyse der Neuzeit auch aufklärend wirken. Ohne, wie im deutschen Diskurs üblich, die Existenz oder die, bei aller Tarnung, wenig menschenfreundliche Politik der seit Jahrhunderten in Netzwerken organisierten Machtkomplexe zu verniedlichen. Entstanden ist ein so unkonventionelles wie faszinierendes Buch. (wm)

Niall Ferguson: Türme und Plätze. Netzwerke, Hierarchien und der Kampf um die globale Macht. Propyläen Verlag, Berlin 2018, gebunden, 624 Seiten, Abbildungen, 32 Euro





Ungarn 1945. Obwohl die Rote Armee bereits im Oderbruch stand und die US-Armee das Rheinland besetzt hielt, kämpften noch Eliteverbände von Wehrmacht und Waffen-SS in Westungarn verbissen um die letzten kontrollierten Ölquellen bei Nagykanizsa südwestlich des Plattensees. Als diese am 1. April von den Sowjets erobert wurden, war allerspätestens jetzt jeder Abwehrkampf mangels Kraftstoff aussichtslos. Für jene Kriegsphase im Südosten Europas – vom „Abfall“ Rumäniens im Herbst 1944 bis zum Endkampf um Wien – gilt der ungarische Militärhistoriker Peter Gosztony als der Fachmann. Mehr als rechtzeitig zum 75. Jahrestag liegt das Kompendium seiner jahrzehntelangen Beschäftigung mit diesem Thema nun vor. (bä)

Peter Gosztony: Das Ende der Wehrmacht an der Donau 1944/45. Helios Verlag, Aachen 2018, gebunden, 357 Seiten, 26 Euro