© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 07/19 / 08. Februar 2019

Ländersache: Brandenburg
Die Kuh muß vom Eis
Björn Harms

In der rot-roten Regierungskoalition in Brandenburg rumort es. Die jüngste Ankündigung von Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD), den Verfassungsschutz ab dem 1. März um 27 Stellen auf 120 Mitarbeiter aufzustocken, sorgt beim Koalitionspartner für Empörung. 

So echauffierte sich die Linkspartei über Schröters „einseitige, unabgestimmte Personalmaßnahme“. Derartige Entscheidungen würden zu einem „Vertrauensverlust innerhalb der Koalition führen“, ja sie könnten die Regierungsarbeit „sogar unmöglich machen“. Finanzminister Christian Görke (Linkspartei) warf Schröter zudem vor, mit seiner Entscheidung gegen das Haushaltsgesetz zu verstoßen, da ein solcher Schritt nur mit seiner Einwilligung umgesetzt werden dürfe.

Einen Tag vor der fälligen Plenarsitzung im Landtag, in der Schröter sich auch vor der Opposition rechtfertigen sollte, hatten SPD und Linkspartei nochmals versucht, die Wogen zu glätten. „Die Kuh ist vom Eis“, triumphierte SPD-Generalsekretär Erik Stohn nach der Gesprächsrunde in der B.Z. Offenbar zu voreilig. „Die Kuh ist dann vom Eis, wenn sie vom Eis ist, und sie ist frühestens morgen vom Eis“, widersprach der Landeschef der Linkspartei, Ralf Christoffers, mit Blick auf die Plenardebatte. Dennoch gehe er davon aus, „daß morgen die Kuh tatsächlich vom Eis ist“. 

Nach der Landtagssitzung war die Kuh jedoch noch immer auf dem Eis zu sehen. Denn Schröter hatte im Parlament auf Angriff geschaltet. In seiner Rede verwies der Innenminister darauf, seit 2014 mehr Personal für den Verfassungsschutz gefordert zu haben. Die Gefahren durch Rechts- und Linksextremisten sowie Islamisten würden in Brandenburg zunehmen. Doch bis zuletzt seien ihm durch die Linkspartei zusätzliche Stellen stets verwehrt worden. „Nach jahrelangen ergebnislosen Verhandlungen konnte ich nicht länger warten, wenn es um die innere Sicherheit geht“, begründete Schröter seine Entscheidung.

Die Linkspartei hingegen drängt in eine andere Richtung und will dem Verfassungsschutz in der geplanten Gesetzesnovelle engere Grenzen setzen. So forderte der Linken-Abgeordnete und Ex-Justizminister Volkmar Schöneburg einen grundsätzlichen Verzicht von V-Leuten. Zudem müsse „die Einführung einer unabhängigen Innenrevision beim Verfassungsschutz“ sichergestellt werden. Eine vorzeitige Beendigung der Koalition aber wollen beide Seiten vermeiden. Die Varianten für einen Bruch sollen intern bereits durchgespielt und als nicht zielführend abgetan worden sein. Sie reichten von einer SPD-Minderheitsregierung bis hin zu vorgezogenen Neuwahlen, parallel zur Kommunal- und Europawahl im Mai. 

Und so demonstrierten SPD und Linkspartei am vergangenen Donnerstag in einer ganz anderen Sache schon wieder Einigkeit: Gemeinsam mit den Grünen stimmte die Koalition für das neue Paritätsgesetz, das von allen Parteien bei Landtagswahlen gleich viele Frauen und Männer als Kandidaten verlangt. Nur die Oppositionsfraktionen von CDU und AfD stimmten dagegen. Ob das Gesetz bestehen bleibt, ist mehr als fraglich. Die Brandenburger Piraten und die Jugendorganisation der Brandenburger Liberalen kündigten bereits Verfassungsbeschwerden an.