© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 07/19 / 08. Februar 2019

Frisch gepresst

Robert Habeck. Im letzten Herbst entdeckte der Vorsitzende der Grünen, daß die Bayern unter einer CSU-Diktatur schmachteten und versprach ihnen die Rückkehr zur Demokratie, falls sie seiner Bewegung bei der Landtagswahl viele Stimmen geben würden. Ähnlich lautete kürzlich seine Verheißung „Demokratiewende“ für die im Oktober 2019 anstehenden Thüringer Landtagswahlen. Dabei übersah „der Robert“, daß er seine im grünen Herzen Deutschlands mitregierenden Parteifreunde bezichtigte, diese Wende dort bislang verhindert zu haben. Den Gipfel der Peinlichkeit erklomm der Großdenker von der Förde aber mit einem zwischen diesen rhetorischen Entgleisungen erschienenen Büchlein aus seiner flinken Feder, dessen Untertitel für eine „vielfältige Sprache“ wirbt. Für ein, wie der Vielfaltspinsel im Text mit grotesker Monotonie bekräftigt, „differenziertes, sensibles, politisches Sprechen“, das nicht „ausgrenzt und entmenschlicht“. Denn „wie wir sprechen, entscheidet darüber, wer wir sind“. Zumindest eine solch amüsante und offenherzige Selbsterkenntnis, eine echte Perle in dieser Phrasen-Anthologie der „grünen Nervensäge“ (Jan Fleischhauer), verdient Lob. (wm)

Robert Habeck: Wer wir sein könnten. Warum unsere Demokratie eine offene und vielfältige Sprache braucht. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2018, broschiert, 127 Seiten, 14,40 Euro





Kriegsgeneration. Und noch ein Eltern-Kind-Konflikt – vor dem Hintergrund des Dritten Reiches, natürlich. Sebastian Schoepp, Jahrgang 1964, schreibt sich seine Konflikte mit Mutter und Vater aus der Kriegsgeneration von der Seele: „Seht zu, wie ihr zurechtkommt“, heißt das Werk. Demaskierender kann die Beichte eines Süddeutschen-Redakteurs wohl kaum ausfallen. Ausgerechnet, als seine Karriere als Lateinamerika-Korrespondent startet, machen ihm die Alten einen Strich durch die Rechnung: Sie beginnen zu sterben! Der plappernde Vater, die immer unwirscher werdende Mutter, das behütende Vorstadt-Reihenhaus-Milieu – Schoepp malt seine Welt in unsympathischsten Farben. Als Happy-End offenbaren die Unterlagen der Eltern nach ihrem Tod: Sein Vater war weder „Parteibonze oder SS-Mann“, nein, der Kriegsgefangene drangsalierte in Rußland als Lagerkapo seine Kameraden – Gott sei Dank! Da hätte sich Schoepp den Ärger mit seinen Alten ja sparen können. (mec)

Sebastian Schoepp: „Seht zu, wie Ihr zurechtkommt.“ Abschied von der Kriegsgeneration. Westend Verlag, Berlin 2018, gebunden, 288 Seiten, Abbildungen, 22 Euro