© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 07/19 / 08. Februar 2019

Umwelt
Grüner Lenin
Von Christoph Keller

Vier Jahre lang eine Medaillenhoffnung in der Hallenser Kinder- und Jugendsportschule, war es für Jürgen Tallig nach der Stahlbauerlehre selbstverständlich, freiwillig drei Jahre Dienst in bewaffneten Organen der DDR zu leisten. Nach seinem Studium an der Ingenieurschule für Schwermaschinenbau „Walter Ulbricht“ arbeitete Tallig aber nur bis 1982 im VEB Wärmeanlagenbau Leipzig, denn sein Sozialismus-Traum widersprach der SED-Doktrin. In einer staatlichen Buchhandlung untergekommen, gründete Tallig 1988 die Gruppe „Neues Denken“ beim SED-hörigen Kulturbund der DDR mit. Gleichzeitig war er involviert, als Parolen wie „Wir brauchen Offenheit, Demokratie – wie die Luft zum Atmen! M. Gorbatschow“ oder „Hoch Lenin ...“ in eine Leipziger Unterführung gemalt wurden.

Mit Megapreisen für Energie und Rohstoffe und dem Klimagerichtshof in die Ökodiktatur?

1989 Mitgründer des Neuen Forums, war er in der Wendezeit Bürgerrechtler und später Sozialarbeiter in Berlin. Heute surft der grüne Ökosozialist voll im Zeitgeist: Steuererhöhungen sollten den Ölpreis bis 2024 auf 200 Dollar pro Barrel treiben, forderte Tallig in den linken Blättern für deutsche und internationale Politik. Eine „Weltpreisreform für Energie und Rohstoffe“ sowie eine deftige CO2-Steuer könne den Absturz in den „entropischen Abgrund“ verhindern. Zur „machtvolleren Durchsetzung“ eines im Gegensatz zum Pariser Abkommen verbindlichen Rahmens bedürfe es eines „Internationalen Klimagerichtshofes“. Diese Öko-Diktatur, der Tallig repräsentativ für breite Kreise das Wort redet, knüpft aber an die „Small is beautiful“-Ideen des deutsch-britischen Ökonomen Fritz Schumacher an. Die Weltwirtschaft würde entschleunigt, der „fossil-globalistische Machtblock“ zerstört und jenseits der „Industrie 4.0“ reorganisierten sich nachhaltige, arbeitsintensive und regionale Produktionsstrukturen. Doch das beißt sich mit Habeckschen Jamaika-Träumen.