© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 09/19 / 22. Februar 2019

EU-Urheberrechtsreform
Das Korsett wird enger
Gil Barkei

Ist das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) „nur“ deutsches Recht, so geht mit der geplanten Urheberrechtsreform die gesamte EU einen Schritt in Richtung Internetzensur. Wie beim NetzDG bleibt es wieder Unternehmen bei Strafandrohung überlassen, Inhalte vorab auszusortieren – ohne Einbindung nationaler Gerichte, ohne die Algorithmen der Upload-Filter offenzulegen. Die Aussiebung rechtlich einwandfreier Beiträge als Kollateralschaden wird bewußt in Kauf genommen, Pressevielfalt und Meinungsfreiheit werden beschnitten.

Natürlich gehört geistiges Eigentum von Verlagen geschützt, doch die plötzliche Eile hinterläßt den Eindruck, lediglich die eigenen Versäumnisse gegenüber der US-Konkurrenz politisch ausgleichen zu wollen. Daß kurz vor der EU-Wahl im Mai, die die Mehrheitsverhältnisse drastisch ändern dürfte, noch schnell Fakten geschaffen werden sollen – ohne wirklich auf die Kritik junger Kreativer und selbst einiger Rechteinhaber einzugehen – zeigt: Neben dem Leistungsschutzrecht geht es auch um etwas anderes. 

Nach „Hatespeech“, „Fake News“ und Datenschutz wird nun über das Urheberrecht eine vierte Verteidigungslinie zwischen dem nervösen polit-medialen Establishment und erstarkenden alternativen Angeboten gezogen. Das Korsett um den digitalen öffentlichen Raum wird enger. Noch haben die alternden Torwächter die Schnüre in der Hand.