© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 09/19 / 22. Februar 2019

Ländersache: Bayern
Bitte Bienen retten
Thorsten Brückner

In Bayern mit seiner starken Tradition der Volksgesetzgebung muß eine Partei nicht im Landtag sitzen, um Einfluß auf den politischen Prozeß zu nehmen. Das beweist derzeit einmal mehr die ÖDP. Das von ihr initiierte „Volksbegehren Artenvielfalt“, auch unter dem Schlagwort „Rettet die Bienen“ bekannt, ist das erfolgreichste in der Geschichte des Freistaats. 1.745.383 Bayern traten innerhalb der Eintragungsfrist von zwei Wochen bis Mitte Februar den Weg in ihr örtliches Rathaus an und unterschrieben. Das sind 18,4 Prozent der wahlberechtigten Franken, Schwaben und Altbayern. Zehn Prozent wären zum Erfolg notwendig gewesen. Der bisherige Beteiligungsrekord an einem Volksbegehren liegt lange zurück. 1967 trugen sich 17,2 Prozent der Stimmberechtigten für die christliche Gemeinschaftsschule ein. 

In Sachen Bienenrettung soll nun nach dem Willen von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ein runder Tisch unter Leitung des ehemaligen Landtagspräsidenten Alois Glück (CSU) die Lösung bringen. Gesprächsbedarf gibt es reichlich. Schon im Vorfeld hatte der Bayerische Bauernverband gegen das Volksbegehren mobil gemacht. Die Bauernvertreter beklagten Stimmungsmache gegen die Landwirte und witterten eine stille Enteignung durch Teile des Entwurfs. Sie kritisieren vor allem die darin vorgeschriebenen Blühflächen auf den Äckern, die unbewirtschaftet bleiben sollen, als auch eine Ausdehnung der Bio-Landwirschaft per Gesetz. An anderen Punkten zeigt sich, daß die Initiatoren im Vorfeld offenbar nicht einmal das Gespräch mit den Landwirten gesucht haben. Daß Wiesen bis zum 15. März gewalzt sein müssen, hat mittlerweile sogar Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) abgelehnt. In anderen Punkten will er aber über das Volksbegehren hinausgehen, etwa was eine gesetzliche Festlegung von unbewirtschafteten Gewässerrandstreifen angeht. Dabei setzte Bayern anders als zahlreiche andere Bundesländer bisher auf Freiwilligkeit inklusive Fördergelder an die Bauern für die entsprechenden Brachflächen. Mit einer solchen Förderung wäre es vorbei, sobald die Vorlage Gesetz wird. 

Größter Fürsprecher der Bauern ist Glaubers Parteifreund, Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger. Der Schweinebauer aus Niederbayern mahnt, die Landwirte nicht alleine zu lassen. „Die müssen auch von ihren Höfen noch leben können.“ Am Ende werde ein Ausgleich der Positionen von Bauern und jenen Bürgern mit Sehnsucht „nach einer heilen Welt“ die Steuerzahler „etwas mehr Geld kosten“, warnte er. 

Einen eigenen Gesetzentwurf der Staatsregierung hält er für wahrscheinlich. Denn die Macher des Volksbegehrens geben sich wenig kompromißbereit. Man sei zu Gesprächen bereit, aber es werde nicht gelingen, das Thema „am runden Tisch wegzudiskutieren“, sagte die ÖDP-Beauftragte für das Volksbeghren, Agnes Becker. Sollte es am Ende keine Einigung geben, müssen die bayerischen Bürger an den Urnen entscheiden. Die letzten beiden Volksentscheide, die aus einem Volksbegehren entstanden sind, fanden bei den Stimmbürgern jeweils eine klare Mehrheit. 2010 votierten 61 Prozent der Bayern für einen restriktiven Nichtraucherschutz. 1998 stimmten fast 70 Prozent für einen „schlanken Staat ohne Senat“.