© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 09/19 / 22. Februar 2019

Weltwährungsfonds diskutiert Bargeldteilenteignung
Im Gefängnis der Zinspolitik
Thorsten Polleit

Den Zentralbanken ist das Bargeld ein Dorn im Auge, denn solange es das gibt, läßt sich keine Negativzinspolitik betreiben. Erhebt eine Bank einen Zins von minus fünf Prozent, verbleiben von einem 100-Euro-Guthaben nach einem Jahr nur noch 95 Euro. Um der Enteignung zu entgehen, läßt sich der Sparer sein Guthaben in bar auszahlen. Doch das Bargeld einfach abzuschaffen, stößt auf Widerstand. Viele Menschen wollen es im Tagesgeschäft verwenden. Zudem kann man mit Bargeld seine private Finanzsphäre in Zeiten der Digitalisierung verteidigen, und nicht zuletzt ist das Bargeld auch eine Versicherung gegen Bankpleiten. 

Ökonomen des Internationalen Währungsfonds (IWF) haben jüngst eine Idee der EZB-Mitarbeiterin Katrin Assenmacher-Wesche konkretisiert: Sie wollen das Bargeld nicht abschaffen, sondern es im Gleichschritt mit den Bankguthaben entwerten. Wie soll das gehen? Mittels eines Umtauschkurses zwischen Bargeld und Bankguthaben. Guthaben werden einem Negativzins unterworfen, und das Bargeld wird in Höhe der Zinsrate gegenüber dem elektronischen Geld abgewertet: Würde man sich heute 100 Euro in bar auszahlen lassen, und würde man es nach einem Jahr wieder in elektronisches Geld für eine Überweisung umwechseln, bekäme man dafür nur noch 95 Euro gutgeschrieben.

Mit diesem Vorschlag sind jedoch viele Probleme verbunden. So könnten sich zwei Geldkreisläufe herausbilden: Bargeld und elektronisches Geld. Das aber würde das Wirtschaften erschweren, es weniger effizient machen. Würde diese Art der Geldentwertungspolitik beispielsweise nur im Euroraum eingeführt, könnten die Geldverwender auf US-Dollar oder Schweizer Franken ausweichen. Es handelt sich um eine üble Idee: Der IWF-Vorschlag ebnet den Weg zu einer großangelegten Sparerenteignung. Denn ist erst einmal die Flucht aus den Bankguthaben versperrt, läßt sich die Negativzinspolitik ganz ungehemmt durchführen. Vor allem weil Banken und Staaten sich durch die Politik des negativen Zinses gesunden wollen: ihre Schulden werden weniger – auf Kosten der Geldhalter und Sparer.

Die Hoffnung, daß es nicht so schlimm kommen wird, ist trügerisch. Die Negativzinspolitik ist in einigen Währungsräumen schon heute Realität; und das Bargeld wird bereits zurückgedrängt – beispielsweise durch steigende Gebühren am Geldautomaten. Das alles ist nicht zufällig. Das ungedeckte Papiergeldsystem, das die Zentralbanken in den letzten Jahrzehnten aufgebaut haben, hat nämlich zu einer weltweiten Überschuldung geführt. Nun wird alles darangesetzt, die Schuldgeldpyramide vor dem Einsturz zu bewahren. Dazu gehört aus Sicht der Zentralbankräte auch die Enteignung der Sparer.






Prof. Dr. Thorsten Polleit ist Volkswirtschaftler und Präsident des Mises-Instituts.

 www.misesde.org