© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 09/19 / 22. Februar 2019

Hunderte Klagen wären eine Herausforderung
Kampf gegen die Rundfunkgebühr: In Berlin ging der Prozeß gegen den RBB in die nächste Runde
Markus Schleusener

Am vergangenen Freitag wurde die Klage des Rechtsanwalts Christian Braun gegen den Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) verhandelt (JF 7/19). Die Sitzplätze in dem Verhandlungssaal sind fast alle belegt. Ein Dutzend GEZ-Kritiker sind gekommen, wollen die Argumente des Klägers hören. Formal geht es um nicht gezahlte Rundfunkbeiträge aus dem Jahr 2015.

Doch für Braun geht es um mehr. Ums große Ganze. Er will den Rundfunkbeitrag kippen. Zunächst argumentiert er mit Formalien – der Beitragsbescheid sei rechtswidrig. „Der Beitragsservice hat keine Rechtshoheit“, sagt Braun. Er sei keine Behörde, die Urkunden ausstellen kann. Die Argumente klingen schlüssig, aber Richter Kai Samel entgegnet kurz angebunden: „Nö.“

So geht es hin und her um Vollstreckungen, die Bedeutung von Rechtsbehelfen und die Adreßangaben von Behörden. Irgendwann platzt Braun der Kragen: „Das ist doch alles ein abgekartetes Spiel. Ich will mich nicht für dumm verkaufen lassen, wenn das Recht gebrochen wird.“

Von nun an wird es grundsätzlich. Der Richter rät folgendes: „Über den Rundfunkbeitrag wird nicht vor Gericht, sondern im politischen Diskurs gestritten. In unserem Land muß man sich auf den Weg machen, seine Abgeordneten zu anderen Maßgaben zu bringen. Für Veränderungen braucht man Mehrheiten.“ Braun leicht desillusioniert: „Das ist schwerlich möglich.“ Der Richter ist jetzt in Fahrt. Über inhaltliche Vorgaben sagt er: „Rundfunkfreiheit bedeutet, daß es keine Einflüsse auf das Programm gibt.“ Das Publikum lacht, schließlich gibt es eine Fülle von Verbindungen zur Politik. 

„In welcher Welt leben Sie eigentlich?“ fragt eine Frau. Der Richter betont, daß er keine Diskussion mit dem Publikum führen werde. Wer unzufrieden mit dem Programm sei, solle eine Programmbeschwerde einreichen. Der Rundfunkrat, der sich damit zu befassen habe, werde von Vertretern des öffentlichen Lebens bestückt. Wieder lachen die Zuschauer. Hier hakt die RBB-Vertreterin ein: Sie lädt alle Anwesenden zu den öffentlichen Sitzungen des Rundfunkrates am Theodor-Heuss-Platz ein, wo die RBB-Zentrale steht. Der Verlauf der Diskussion läßt ahnen, daß der Richter die Klage abweisen wird, aber das endgültige Urteil steht noch aus. 

Nach der Verhandlung stehen die Zuschauer mit dem Zwei-Meter-Mann Braun draußen. Er gibt Tips, wie auch sie eine Klage vor dem Verwaltungsgericht einreichen können – ohne Anwaltszwang. „Wenn das Hunderte machen würden, hätten die hier ganz schön was zu tun“, sagt einer der Zuhörer. „Wir werden kein Recht bekommen, aber es ist gut, die Sache am Laufen zu halten“, meint ein anderer. Danach geht jeder seiner Wege. Es könnte aber sein, daß sich der Richter demnächst abermals mit Anti-GEZ-Klagen befassen muß. Unabhängig davon, wie sein Urteil in dieser Sache aussieht.