© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 10/19 / 01. März 2019

Was gut läuft, soll bitte so bleiben
Luxus-Probleme von Elite-Partnern: Die Filmkömödie „Wie gut ist deine Beziehung?“ von Ralf Westhoff wirbt um gegenseitige Nachsicht
Sebastian Hennig

Den Luxus-Problemen von Elite-Partnern ist die Komödie „Wie gut ist deine Beziehung?“ von Ralf Westhoff gewidmet. Die uralte Geschichte von der leichtfertigen Herausforderung des Schicksals nimmt darin ihren Lauf. Wir beobachten zwei Menschen dabei, wie sie ihre Beziehung aus Angst vor deren Absterben selbst zu morden beginnen. Die Unsicherheit und der Selbstzweifel breiten sich aus, bis alles von ihnen eingesponnen ist.

Carola (Julia Koschitz) und Steve (Friedrich Mücke) sind auf den ersten Blick ein Traumpaar und bleiben es auch auf den zweiten Blick. Nach und nach verschiebt sich aber ihre eigene Blickrichtung auf sich und aufeinander derart, daß sie an sich selbst und dem anderen irre werden müssen. Er ist Programmierer, und sie organisiert eine Konferenz für Nachhaltigkeit. Dieser Haltung entsprechend gibt Carola an ihren Gefährten die Losung aus: „Sag das: Keine Angst vor Veränderungen.“ Steve bekennt stattdessen: „Ich will, daß alles so bleibt.“

Bald darauf erlebt er hautnah verheerende Veränderungen, als sein Freund Bob (Bastian Reiber) eines Morgens völlig zerschlagen auf der Arbeit auftaucht. Seine Frau hat ihn verlassen, um einem deutlich älteren Yogalehrer zu folgen. Bob trägt ein Foto von diesem Harald (Michael Wittenborn) mit sich herum, in der Hoffnung das Unbegreifliche würde ihm dadurch irgendwann klarer werden. Doch Steve kann das Mysterium nicht auflösen. Als müsse alles zugleich aus den Fugen geraten, wird ihre Firma gerade von zwei aalglatten Beratertypen auf den Kopf gestellt.

Währendessen nervt Carola die unerwünschte private Beratung durch ihre Freundin Anette (Maja Beckmann). Sie hält Carola vor, sie würde nichts aus sich machen. Als Carola die Frage verneint, ob ihre Beziehung eine Diktatur sei, schlußfolgert Anette, dann sei sie wohl ein Kompromiß. Was daran schlimm sei, läßt sie offen. Carola fühlt unbewußt, daß Kompromiß und Beziehung nahezu Synonyme sind und verbittet sich Beziehungstips von der bindungslosen Freundin. Die findet es diskriminierend, Singles vom Erteilen von Beziehungsratschlägen auszuschließen.

Der Sinn von Zuhören ist das Zuhören

In diesem Stil geht es weiter. Er sei „tiefsinnig und trotzdem mit Leichtigkeit erzählt“, rühmt die Hauptdarstellerin dem Film nach. Ihr Filmpartner bescheinigt einen „guten und intelligenten Umgang mit Klischees“. Dem Film muß zugestanden werden, daß er das destruktive Potential der Selbstoptimierung ganz gut offenlegt. Auch die Therapeuten bekommen ihr Fett weg, als Vampire der Wohlstandsverwahrlosung.

Als Steve für den Freund den Yogalehrer aufsucht, offenbart der sofort seine Absichten. Harald ist auf Tantra spezialisiert. Er ist ein Zeremonienmeister esoterisch verbrämter Wollust, ein moderner Turnvater der Lendenregion. Steve fängt den dubiosen Charismatiker in der eigenen Schlinge. Er soll seine Ausstrahlung an Carola erproben. Von den hochtönenden Phrasen betäubt, vermutet Steve, Geld interessiere den Guru nicht. Doch dieser doziert eifrig: „Geld ist eine Metapher für Freiheit, heißt, daß es mich durchaus interessiert.“

Damit sind einige Knoten geschürzt, deren Straffung bis zur Zerreißprobe das weitere Geschehen einnimmt. Der stete Tropfen höhlt schließlich den Stein, wobei der Film dabei nicht sonderlich tief schürft. Der intelligente Umgang mit den Klischees beginnt mit der Besetzung der Rollen. Die Darsteller haben durchweg eine einnehmende Art. Koschitz und Mücke sind erkennbar als besonders nette Typen gezeichnet, um die es schade wäre, rauften sie sich nicht wieder zusammen. Bastian Reiber als Bob ist der begossene Pudel; seine weinerliche Art setzt dem Mitgefühl mit ihm jedoch Grenzen. Und als selbst den vigilanten Harald das gewöhnliche Leiden seiner Generation einholt, kommt letztlich sogar Sympathie mit diesem alten Roué auf. 

Der Film stellt den Zwang zum Glücklichsein in Frage und zeigt die Schwierigkeiten, die dem Ausleben einer unspektakulären Zuneigung im Wege stehen. Hauptdarsteller Mücke fragt: „Wie können wir uns wirklich nahe sein, wenn die Kommunikation im Alltag immer kürzer und knapper, und damit der Austausch untereinander nicht wirklich tief ist.“ Im Film steht am Ende die Erkenntnis, daß der Sinn von Zuhören das Zuhören ist. Und Steve erkennt: „Wenn ich nichts gemacht hätte, wäre alles gut.“ Als Softwareentwickler hätte er es zu vermeiden wissen müssen, ein laufendes System anzurühren. 

„Wie gut ist deine Beziehung?“ ist ein weiterer Film, der Skepsis anmeldet gegenüber den wechselseitigen Zumutungen selbstbestimmter Zeitgenossen, ein Plädoyer für Nachsicht und Bescheidenheit im Umgang miteinander. 

Kinostart am 28. Februar 2019

 www.x-verleih.de