© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 10/19 / 01. März 2019

DVD: Der Verlorene
Schuld und Reue
Werner Olles

Wenige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg begegnet der Mediziner Karl Neumeister (Peter Lorre) in einem Flüchtlingslager einem ehemaligen Kollegen. Dieser nennt sich jetzt Novak (Karl John), da er unter seinem richtigen Namen Hösch gesucht wird. Doch auch Neumeister hat seinen alten Namen Dr. Rothe abgelegt. Jetzt wird er von Novak erpreßt, da beide während der Zeit des Nationalsozialismus im Dezember 1943 kriegswichtige Forschungsarbeiten für die Wehrmacht und die SS durchführten.

Rückblende: Rothes Verlobte Inge (Renate Mannhardt) begann damals ein Verhältnis mit Hösch, der für die militärische Abwehr arbeitete. Im Affekt tötete Rothe seine Verlobte, wurde aber von seinen Auftraggebern geschützt. Der Arzt fühlte sich jedoch schuldig, und eines Nachts ermordete er im Wahn in der U-Bahn eine ihm völlig unbekannte Frau. Aus Reue will er nun Selbstmord begehen, zuvor aber noch Hösch und den Abwehrchef Oberst Winkler erschießen. Winkler plant jedoch mit anderen Offizieren der Abwehr ein Attentat auf führende NS-Größen, doch Hösch verrät die Verschwörer. Im Flüchtlingslager prahlt er mit seinem Verrat und läßt keinerlei Anzeichen von Schuld oder Reue erkennen.

„Der Verlorene“ (Deutschland, 1951) ist der einzige Film, bei dem der Emigrant Peter Lorre („M – Eine Stadt sucht einen Mörder“) Regie führte. Gleichzeitig übernahm er auch die Hauptrolle des unglückseligen Arztes. Auf einer wahren Geschichte beruhend, wurde der Film im Flüchtlingslager Heidenau in der Lüneburger Heide gedreht. Weder beim Publikum noch bei der Kritik kam er gut an, und Lorre ging aus Enttäuschung wieder in die USA zurück.

Tatsächlich gehört „Der Verlorene“ (Drehbuch: Peter Lorre und Axel Eggebrecht) zum Besten, was der deutsche Nachkriegsfilm zu bieten hat. Vor allem Lorre spielt den schuldig gewordenen Arzt mit schier unglaublicher Intensität. Die Szene in der U-Bahn, kurz vor der Ermordung der unbekannten Frau, ist so quälend dicht und unheimlich, dazu großartig fotografiert (Kamera: Václav Vich), daß man als Zuschauer eine Gänsehaut bekommt und ein paar dramaturgische Schwächen gern verzeiht. Lange Zeit zu Unrecht verkannt, gilt „Der Verlorene“ inzwischen  als Klassiker. 

DVD: Der Verlorene. Filmjuwelen 2019, Laufzeit etwa  99 Minuten