© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 11/19 / 08. März 2019

Nicht mehr einzigartig
IT-Markt: Während die Konkurrenz aufholt, schwächelt der Bösenliebling Apple
Christian Schreiber

Einen Stand zwischen HTC, LG, Nokia, Samsung, Sony und ZTE? Nein, Apple war auch in diesem Jahr nicht auf der vorige Woche zu Ende gegangenen weltgrößten Mobilfunk-Messe MWC in der katalanischen Hauptstadt Barcelona. Der iPhone-Konzern bittet mehrmals im Jahr zu seinen eigenen „Special Events“ – und alle Medien von Australien bis Zypern berichten eifrig über die Apple-Neuheiten.

Marktführer war der kalifornische Konzern nie, aber die genial vermarktete Exklusivität der in Asien hergestellten Produkte erlaubt noch immer exorbitante Verkaufspreise und Milliardengewinne. Doch das hochprofitable iPhone-Geschäft schwächelt. Das liegt zum einen an der ostasiatischen Konkurrenz, zum anderen an hausgemachten Problemen. Erstmals seit zehn Jahren zählt Apple nicht mehr zu den drei wertvollsten Konzernen der Welt, sondern ist Nummer vier hinter den in Barcelona vertretenen Konzernen Amazon, Microsoft und Alphabet (Google).

Noch im August 2018 war Apple an der Börse eine Billion Dollar wert, so viel wie zuvor keine Privatfirma. Der Nettogewinn kletterte im vergangenen Geschäftsjahr von 48,3 auf 59,5 Milliarden Dollar. Toyota, der erfolgreichste Autokonzern der Welt, verbuchte nur ein Drittel davon. Und Tesla machte mit nur 245.162 abgesetzten E-Autos einen Verlust von 976 Millionen Euro – sprich: Mit jedem verkauften Auto wurden die Aktionäre um 3.981 Dollar ärmer. Dennoch hat der iPhone-Konzern ein Viertel seines Börsenwertes eingebüßt, eine neuerliche Umsatzwarnung zu Jahresbeginn ließ Investoren noch nervöser werden. Die Firmenzentrale in Cupertino verweist auf das China-Geschäft, wo Apple zuletzt einen Marktanteil von 15 Prozent hatte: Die Chinesen würden aus Patriotismus weniger iPhones kaufen.

Genaue Verkaufszahlen verriet Apple-Chef Tim Cook nicht, dennoch bekamen viele Aktionäre kalte Füße. Zudem, so Cook, seien die Mobilfunkanbieter nicht mehr bereit, Neugeräte zu subventionieren. Daß Huawei, Apples neuer Konkurrent aus China, seinen Marktanteil auch in Europa kräftig ausbauen konnte, erwähnte er nicht.

Gewagte Entscheidungen

„China mag ein kurzfristiges Problem sein, aber der iPhone-Upgrade-Zyklus verlängert sich immer wieder. Die Wahrheit ist vor allem: Unter Tim Cook hat Apple kein neues großes Produkt entwickelt. Das iPad wurde noch unter Steve Jobs entwickelt“, erklärte der New Yorker Fondsmanager John Petrides die Misere. Zudem sei es nicht gelungen, die Produktionszyklen einzuhalten.

Der Markt gilt mittlerweile als übersättigt. 1.649 Euro für ein iPhone Xs Max oder 3.299 Euro für ein MacBook Pro – das ist selbst manchem „Apple-Jünger“ zuviel. „Was ist der nächste technologische Meilenstein nach dem iPhone?“, fragte kürzlich Die Zeit. Cook erklärte zwar, daß der Umsatz mit Uhren (Apple Watch) und Kopfhörern um die Hälfte gestiegen sei und man verstärkt auf Dienstleistungen wie Apple Music und iCloud setze. Doch diese Produkte sind keine Cashcows, sondern eher nur Beiwerk. Von drei Dollar, die Apple einnimmt, stammen immer noch zwei aus dem iPhone-Verkauf. Das Wirtschaftsmagazin Forbes spricht sogar von einer „fatalen Abhängigkeit“.

Tim Cook zeigt sich unbeeindruckt. Die Preisspirale des iPhones soll sich unverändert weiterdrehen. Schließlich will Samsung für sein faltbares Galaxy Fold angeblich 2.000 Euro verlangen. Der Apple-Kunde soll ein teures iPhone als Luxus-Gut ansehen und entsprechend länger behalten. Dem Verschleiß sollen kostenpflichtige Zusatzdienste entgegegenwirken: Akkuaustausch, Smartphone-Versicherung oder ein Abo für Apple Music. In Zeiten, in denen ein Smartphone zum modischen Accessoire geworden ist, eine gewagte Entscheidung.

Eher vernunftgeleitet klingen Medienberichte über bevorstehende Kündigungen in der Apple-Abteilung für selbstfahrende Autos. Stattdessen wolle sich Apple „auf gewisse Schlüsselbereiche“ konzentrieren. Dabei ist es noch gar nicht so lange her, daß ein hochrangiger Entwickler von Tesla abgeworben wurde, um das Auto-Roboter-Projekt mit dem Namen Titan auf Vordermann zu bringen. Doch Cook hat wohl längst erkannt, daß es keine Kunst ist, einen Pkw vollautomatisch einzuparken; das konnte ein schlichter Toyota Prius schon vor vier Jahren. Wirklich „autonom“ wird auch in zehn Jahren noch kein Auto zwischen San Francisco und Los Angeles verkehren – auch wenn auf der MWC gegenteiliges behauptet wurde. Das iPhone wird es dann aber immer noch geben.

 investor.apple.com/

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