© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 11/19 / 08. März 2019

Blick in die Medien
Heise sagt leise Servus
Tobias Dahlbrügge

Das „Leitmedium für deutsche Hightech-Nachrichten“ fährt seit Jahren auf einer abschüssigen Auflagenbahn: Das vierteljährliche gedruckte c’t-Magazin verlor in den letzten zehn Jahren rund 130.000 von einst 360.000 Lesern. Das Onlineportal heise.de stürzte in der Hälfte der Zeit von rund 27 auf 21 Millionen Zugriffe.

Jetzt dürften es noch ein paar weniger sein. Im Kommentarforum des einst streng wissenschaftlich ausgerichteten Mediums ging es kürzlich hoch her. Anlaß war ein Artikel, der mehrere Tage als Aufmacher auf der Startseite platziert war. Der Beitrag brachte es auf über 4.900 Negativkommentare – ein Allzeit-Rekord.

Die Redaktion entschloß sich dazu, den Unmut der Foristen einfach auszusitzen. 

Verfaßt hatte ihn die Journalistin für „Content-Marketing und Blog-Redaktion“ Valerie Lux. Die Autorin wußte Wunderdinge über Migranten zu berichten, die in staatlichen Schulungen innerhalb von nur drei Monaten zu qualifizierten IT-Experten wurden. Lux zeigte sich entzückt von der Agilität der „Flüchtlinge“. 

Sowohl sie als auch Heise wurden von den versammelten echten IT-Experten im Forum gründlich verprügelt. Einerseits wurde kritisiert, daß die mehrfach „auffällige“ Autorin offenkundig keine Ahnung von der Materie besaß und Programmieren mit Software-Entwicklung gleichsetze. Tatsächlich kann jeder in einigen Tagen das Eingeben zahlreicher Befehle erlernen, die Entwicklung von Programmen erfordert jedoch ein jahrelanges Studium. Die Foristen nahmen es dem Medium zudem übel, einen so fragwürdigen Beitrag von minderwertigem Niveau überhaupt zu veröffentlichen. Die Redaktion entschloß sich dazu, den Unmut einfach auszusitzen. Kritische Direktanfragen per Mail erhielten sogar die flapsige Antwort: „Was genau stört Sie denn an dem Artikel?“ Ob das eine gute Idee war? Man kann schließlich vorhersehen, was geschieht, wenn sich eine Redaktion inhaltlich immer weiter von einer über viele Jahre treuen Leserschaft entfernt.