© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 13/19 / 22. März 2019

Frisch gepresst

Sauerbruch. Die Stadtverwaltung von Hannover, die unlängst mit „geschlechtergerechtem“ Dummdeutsch im amtlichen Schriftverkehr Furore machte, versteht sich auch geschichtspolitisch als Avantgarde. Wegen „aktiver Mitwirkung in einem Unrechtssystem“ hat ihr Beirat „Wissenschaftliche Betrachtung namensgebender Persönlichkeiten in Hannover“ für 2019 abermals zehn Straßennamen auf den Index gesetzt und zur Umbenennung vorgeschlagen. Darunter, trotz heftiger Bürgerproteste, den Sauerbruchweg. Beweise wurden nicht vorgelegt. Die Anklagepunkte sind dieselben, die der weltberühmte Chirurg Ferdinand Sauerbruch (1875–1951), der einstige „Gott in Weiß“, der seit zehn Jahren nur noch als „Befürworter der Nazis“ gilt, schon 1947 im Entnazifizierungsverfahren widerlegt hat. Christian Hardinghaus erschließt in seiner akribischen Biographie des Mediziners darüber hinaus eine Fülle von Quellen, die vermeintlich „wissenschaftliche Betrachter“ bislang ignorierten. Ob dieses imponierende Entlastungsmaterial die mit geschichtsblinden  Journalisten, Politikern und Amateurhistorikern besetzten neuen Spruchkammern beeindrucken wird, ist jedoch leider zu bezweifeln. (ob)

Christian Hardinghaus: Ferdinand Sauerbruch und die Charité. Operationen gegen Hitler. Europa Verlag, Berlin 2019, gebunden, 248 Seiten, Abbildungen, 20 Euro





Seidenstraße. 2040 wird die Volksrepublik China größte Wirtschaftsmacht der Welt sein, schreiben John und Doris Naisbitt sowie Laurence Brahm mit ungeniertem Enthusiasmus. Ihr Buch ist durchtränkt von Lob, Ehrfurcht und Optimismus über Chinas „Belt and Road“-Offensive. Dabei geißeln sie zwar unentwegt die Politik der Trump-Administration und mahnen bei Geschäftsbeziehungen mit dem Reich der Mitte an, doch bitte chinesische Befindlichkeiten zu berücksichtigen. Gefahren künftiger Abhängigkeiten von einem kommunistischen Regime, das nach wie vor Millionen Menschen in Umerziehungslager sperrt, sie aufgrund ihres Glaubens verfolgt und Oppositionelle verhaften, verschleppen, foltern und töten läßt, bleiben dagegen weitestgehend ausgeblendet. Fast könnte man von einem Werbebuch für die chinesische Regierung sprechen, das deren Hegemonialbestrebungen als große Zukunfts­chance glorifiziert. (ro)

Doris & John Naisbitt, Laurence Brahm: Im Sog der Seidenstraße. Chinas Weg in eine neue Weltwirtschaft. Langen Müller Verlag, München 2019, gebunden, 208 Seiten, 22 Euro