© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 14/19 / 29. März 2019

François-Xavier Bellamy führt die französischen Republikaner in die Europawahl
Der besorgte Konservative
Friedrich-Thorsten Müller


Trotz des enormen Popularitätsverlusts Macrons stehen die französischen Parteien immer noch unter dem Schock seines Durchmarschs ins Präsidentenamt. So bemühen sie sich für die Europawahl im Mai – zumindest vordergründig – um einen Neuanfang. Nachdem das Rassemblement National – der frühere FN – den 23jährigen Jordan Bardella (JF 4/19) und die extreme Linke – Jean-Luc Mélenchons Bewegung La France insoumise – eine 29jährige zu Spitzenkandidaten nominiert haben, wollten die Konservativen nicht nachstehen.

So haben sich die Republikaner, die frühere UMP, für François-Xavier Bellamy entschieden, einen 33jährigen Philosophieprofessor und Publizisten, vormals jüngster Vize-Bürgermeister Frankreichs. Mit seiner katholischen Erziehung, Verwurzelung in der Pfadfinderbewegung und Schulzeit auf dem Elite-Gymnasium Henry IV. verfügt der gebürtige Pariser über eine klassisch-konservative Sozialisation und entspricht weltanschaulich der klaren Rechtswende der Partei unter ihrem Vorsitzenden Laurant Wauquiez, als dessen Protegé Bellamy gilt. Bereits mit 26 stand er im Ruf, das „intellektuelle Schutzschild“ der „Manif Pour Tous“, der Protestbewegung gegen die „Ehe für alle“, zu sein. Und 2012 wählte ihn die katholische Tageszeitung La Croix zu „einem der zehn vielversprechendsten jungen Katholiken“.

Vor allem ist Bellamy über den Niedergang des französischen Bildungssystems in Sorge, dessen Krise er 2014 mit „Die Enterbten“ ein Buch widmete. Entsprechend engagiert er sich als Vize-Bürgermeister von Versailles massiv für berufliche Bildung. Stark geprägt ist er von einer Skepsis gegenüber blindem Fortschrittsglauben und der Idee eines europäischen Zentralstaats. Eine EU-Verfassung lehnt er ab, weil es dafür „eines europäischen Volkes bedarf, es aber nur eine europäische Zivilisation gibt“. Außerdem stellte er sich gegen die Freihandelsabkommen TTIP und CETA und will die Märkte (und damit Arbeitsplätze) gegen unlauteren Wettbewerb durch Sozial- und Ökodumping schützen. Und schließlich wehrt er sich gegen den harten Brexit-Kurs der EU und plädiert für einen fairen Dialog mit Viktor Orbán.

Mit Bellamy kommt im Mai ein Politiker nach Brüssel, dem bewußt ist, daß in Frankreich und Europa etwas gründlich schiefläuft. Ob er damit für einen „Weiter so“-Merkelianer wie den EVP-Spitzenkandidaten und Fraktionschef Manfred Weber (JF 48/18) wirklich ein Verbündeter sein kann, ist mehr als fraglich. Zumal den Republikanern bei der Wahl eine Halbierung droht, sprich ein Absinken auf nur noch acht Prozent. Doch mehr als das muß Manfred Weber Magenschmerz bereiten, daß die Zukunftshoffung des Rassemblement National, Marion Maréchal, Nichte und möglicherweise Nachfolgerin Marine Le Pens, in François-Xavier Bellamy bereits einen potentiellen Verbündeten sieht.

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