© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 15/19 / 05. April 2019

Bundeswehr
Die unsichtbare Armee
Dieter Stein

Eine gewisse Empörung hat der Beschluß der Berliner Landes-SPD ausgelöst, Jugendoffizieren künftig den Zutritt zu Schulen zu verwehren. Im Originalwortlaut des auf einem Landesparteitag angenommenen Antrages heißt es: „Es wird militärischen Organisationen untersagt, an Berliner Schulen für den Dienst und die Arbeit im militärischen Bereich zu werben.“ Im folgenden beklagen die im Bund mitregierenden Sozialdemokraten, allein 2015 hätte die Bundeswehr angeblich über 10.000 Vorträge vor über 260.000  Schülern gehalten. Für „Töten und Sterben“ wolle man aber keine Werbung machen, heißt es.

Indes treten Vertreter der Bundes-SPD den Berliner Genossen entgegen. So Thomas Oppermann, Bundestagsvizepräsident, der erklärte: „Wer so einen Unsinn beschließt, sollte sich selbst von unseren Schulen fernhalten.“ Plötzlich scheint die Bundeswehr viele Freunde zu haben. Alles prima?

In Wahrheit ist die Forderung der Berliner SPD nur konsequent. Gesamtgesellschaftlich wurde unsere Armee seit Jahrzehnten an den Rand gedrängt. Faktisch boykottierten viele Schulen demonstrativ Angebote der Bundeswehr. Soldaten werden von ihren Vorgesetzten vorauseilend aufgefordert, sich öffentlich nicht in Uniform zu zeigen, weil dies Anstoß errege. Als Sohn eines Berufssoldaten konnte ich selbst miterleben, was das bedeutete, wenn ich neben meinem Vater durch die Fußgängerzone der Universitätsstadt Freiburg ging und ihn Studenten wegen seiner Uniform anpöbelten. 

Unser Staat geht mit denjenigen erbärmlich um, von denen erwartetet wird, daß sie im Ernstfall ihr Leben einsetzen, um die Souveränität, Sicherheit und Freiheit unseres Landes zu verteidigen. Soldaten erhalten hierfür verschwindend geringe öffentliche Anerkennung.

Eine öffentliche Präsenz in Form von Paraden, Wachablösungen, wie sie in anderen westlichen Staaten selbstverständlich sind, gibt es nicht. Die politisch Verantwortlichen begründen dies mit dem Mißbrauch des Militärs im Dritten Reich und der DDR. Die Armee unsichtbar zu machen zeugt aber von Hilflosigkeit. Vereidigungen finden fast nur noch hinter Kasernenmauern statt, selbst am 20. Juli verstecken die Politiker die Bundeswehr hinter den hohen Sicherheitszäunen des Bendlerblocks in Berlin, während draußen der linke Mob tobt. Jeder Soldat spürt diese Mißachtung der Gemeinschaft, weshalb für viele der Dienst zum Job schrumpft.

Jugendliche sind gemeinhin fasziniert von Feuerwehrleuten, Polizisten, Soldaten. Nicht zuletzt unter der Überschrift der notwendigen Integration und Identifikation mit Staat und Nation ist es verantwortungslos, auf die selbstbewußte Präsentation der eigenen Armee gegenüber Heranwachsenden zu verzichten. Soll man sich noch über den schwindenden Respekt gegenüber staatlichen Institutionen wundern?