© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 15/19 / 05. April 2019

Blick in die Medien
Zynische FB-Juristen
Tobias Dahlbrügge

Die Löschpolitik bei Facebook wird immer absurder. „Haßrede“ liegt offenbar ganz im Auge der Zensoren, die nach Lust und Laune unterschiedliche Maßstäbe anlegen. Es ist kein Geheimnis, daß sich bestimmte Hetzer so ziemlich alles herausnehmen können, während selbst gemäßigte und sachliche Kommentare im Online-Orkus verschwinden.

Das mußte auch Ahmad Mansour erfahren. Der Psychologe hat sich als islamkritischer Autor einen Namen gemacht. Der Sohn arabischer Israelis besitzt seit 2017 die deutsche Staatsbürgerschaft. Mansour kritisiert immer wieder den überspannten Ehrbegriff der arabischen „Communities“ in Deutschland und fordert vehement eine Reform des islamischen Gesellschaftssystems.

Das sonst so fix löschende soziale Netzwerk ließ sich plötzlich vier Wochen Zeit.

Sein Lohn: Er wird aus dem moslemischen Milieu ständig beleidigt und bedroht. Nun wehrte sich Mansour gegen obszöne Beleidigungen auf Facebook, sein Anwalt Joachim Steinhöfel erwirkte eine einstweilige Verfügung zur Löschung der Haß-Kommentare.

Doch der Internet-Konzern ließ sich vier lange Wochen Zeit und behauptete frech, eine schnellere Löschung sei technisch nicht möglich gewesen. Darauf verhängte das Hamburger Landgericht ein Ordnungsgeld gegen Zuckerbergs „soziales Netzwerk“. Facebooks Anwälte tricksten, es läge ein Formfehler vor, denn das entsprechende Schreiben enthalte statt Mansours Privatadresse nur die Anschrift der Kanzlei seines Rechtsbeistandes.

Wer logisch denken kann, dem leuchtet der Grund dafür ein. Den Facebook-Juristen sicher auch, doch sie spotteten zynisch: „Wenn der Gläubiger unter Polizeischutz steht, sollte er keinen Grund haben, einen Racheakt an ihm zu befürchten.“

Daß ausgerechnet auch Bild den empörenden Fall aufgriff und schrieb: „So verhöhnt Facebook Deutschlands mutigsten Islam-Kritiker“ läßt aufhorchen. Ist da jemand angesicht der Leserflucht aufgewacht?