© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 16/19 / 12. April 2019

Courage in Masse
Skandal in Hamburg: In der Hansestadt wird über linksextreme Umtriebe an einer Schule gestritten
Hinrich Rohbohm

Es war ein gravierender Verstoß gegen das Neutralitätsgebot. Seit Wochen steht die Hamburger Ida-Ehre-Schule im Zentrum der Kritik. Haben Lehrer und Schulleitung es billigend in Kauf genommen oder schlimmstenfalls sogar gefördert, daß in Fluren und Klassenräumen Propaganda für die linksextreme und gewaltorientierte Antifa Altona Ost praktiziert werden konnte? Eine im März 2018 gegründete Organisation, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird und deren Fotos und Plakate im Schulgebäude aushingen.

Die Haß-Materialien sprechen für sich. Es handelt sich um polizistenfeindliche Sprüche wie „All Cops Are Bastards“ oder „Hetze gegen Rechts sollte normal sein“. Ein Vermummter, abgebildet vor brennenden Barrikaden. Graffiti mit dem linksextremen Anarchie-Symbol sowie „FCK AfD“-Aufkleber. Im Raum der Klasse 12a: eine Wand mit der Überschrift „Antifa Area“. Daran angebracht Handzettel und Aufkleber mehrerer vom Verfassungsschutz beobachteter Gruppen. Aufrufe zu linksextremen Demos und zu Planungstreffen der „Jugend gegen rechte Hetze“ im Schanzenviertel. Vertreten auch die „Antifa 309“. Der Gruppierung werden von den Sicherheitsbehörden der Hansestadt extremistische Bestrebungen nachgewiesen, sie gilt als gewaltbereit. 2016 bezichtigte sie sich eines Brandanschlags auf ein Auto und das Haus eines Kaufmanns in Hamburg-Blankenese, dem sie Finanzierung der AfD vorwarf. 

„Erzähl’ hier nicht so einen Sch..., das ist Quatsch“

Inzwischen wurde die Antifa-Propaganda an der Ida-Ehre-Schule zwar entfernt. Doch der Geist ihrer Ideologie wabert nach wie vor durch die Oberstufenkorridore, wenn auch subtiler als zuvor. Zumeist in Schulprojekte eingebunden. „Kein Mensch ist illegal!“ steht etwa auf einem DIN A4 großen Zettel in schwarz-roter Farbe geschrieben, der an der Scheibe einer Durchgangstür in einem der Flure klebt.

Ein „Arbeitskreis Erinnerung“ und die „Schule ohne Diskriminierungs-Gruppe“ werben auf einem weiteren Zettel um Teilnehmer für ein mit schwammigen Formulierungen beschriebenes Forschungsprojekt, bei dem es um „Hatespeech“ und den Nationalsozialismus geht. Der Aufruf lockt mit einem lukrativen Angebot: einer Reise nach Berlin als Teil des „Projekts“. Begriffe wie „Racism“ oder „Hate“ sind auf dem Zettel abgebildet und durchgestrichen. Darüber thronen Symbole des Feminismus und der „Friedensbewegung“. Seine „aussagekräftige Bewerbung“ soll der Schüler seinem Tutor zukommen lassen oder direkt einer Studienrätin der Schule. Ein Lehrer – schwarzes T-Shirt, stark tätowierte Oberarme, Pferdeschwanz – diskutiert gerade mit seinen Schülern.

An einer Pinnwand hängt ein knallrotes Plakat mit einer schwarzen Faust, einem Symbol der Antifa. Versehen mit dem Spruch: „Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht.“ Klassenkämpferische Parolen wie „Bürgerwille vor Rendite“ hängen dort. Eine „Retten verboten“-Zeichnung eines Schiffes, über dem die Sterne der EU angedeutet sind. Eine Anspielung auf die Unterbindung der zwielichtigen „Rettungsmaßnahmen“ von Nichtregierungsorganisationen im Mittelmeer.

Ans Licht kam der Skandal nun durch das Internetportal „Neutrale Schulen“ der AfD-Bürgerschaftsfraktion. Dieses galt Kritikern in Politik, Medien und Lehrerschaft nach seiner Gründung als wahlweise überflüssige oder gefährliche „Petz-Plattform“ (JF 43/18); nun mußte aufgrund der dort zur Sprache gebrachten Mißstände an der Ida-Ehre-Schule der zuständige Schulsenator Ties Rabe (SPD) einschreiten. „Wir sehen es als großen Erfolg an, daß das Thema der Neutralität an den Schulen in die Mitte der Aufmerksamkeit gerückt ist“, freut sich der AfD-Fraktionsvorsitzende in der Hamburgischen Bürgerschft, Alexander Wolf, der zugleich schulpolitischer Sprecher ist. 

Wolf ärgerte sich besonders über die in der Diskussion verbreitete Behauptung, „Antifaschismus“ sei deutsche Staatsräson. Dem müsse deutlich widersprochen werden, denn die Bundesrepublik fuße auf einem antitotalitären Grundkonsens, der sich gegen Rechts- und Linksextremismus wende, betont er im Gespräch mit der JUNGEN FREIHEIT. Angesichts der Antifa-Plakate sträubten sich jemandem, der nicht links sei, die Haare. „Das ist eine Kampfansage an alle, die diese Meinung nicht teilen“, so Wolf. Ausdrücklich lobt er indes die Schulbehörde, sie habe energisch reagiert. Wichtig sei auch die Schülerperspektive, und zwar derjenigen Schüler, die sich politisch nicht linksaußen verorten. Es müsse ein Schulklima herrschen, in dem auch sie keine Angst hätten, ihre Meinung zu sagen. Die Machtdemonstrationen der Antifa wirkten dagegen einschüchternd. Wolf erwähnt E-Mails, in denen Lehrer, Eltern, aber auch Schüler positiv auf den Vorstoß seiner Fraktion reagiert hätten. Tenor: „Endlich wird das mal zur Sprache gebracht.“

Schulleiter Kevin Amberg behauptete dagegen in einem Interview mit der Zeit, die meisten der kritisierten Antifa-„Sticker“ seien Teil eines „Kunstprojekts“ gewesen. Der Direktor versicherte auch, daß er ein „Fridays for Future“-Plakat im Schulgebäude abhängen werde. Gleichzeitig hängt jetzt an nahezu jeder der zahlreichen Glastüren in den Fluren ein Ankündigungsschreiben für eine Veranstaltung der Schule mit dem Meteorologen und Klimaforscher Mojib Latif. Der Präsident der Deutschen Gesellschaft Club of Rome ist eng mit der „Fridays for Future“-Bewegung verbunden. Auf der Demonstration mit Greta Thunberg in Hamburg Anfang März (JF 11/19) zählte er zu den Hauptrednern. Eingebettet ist die Veranstaltung in eine Schulentwicklungsgruppe „Klima“ im Foyer des Schulgebäudes. Ein Weg, der es ermöglicht, politische Indoktrination auf ganz legalem Wege zu betreiben. Schließlich ist man nicht nur im Projekt „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ eingebunden, sondern auch als „Klimaschule“ aktiv.

Daß es kaum einen Aufschrei innerhalb der Elternschaft oder von seiten der Schüler gibt, sondern statt dessen Solidaritätsbekundungen für die Schulleitung hat vor allem etwas mit dem Milieu zu tun, das im Kiez um die Ida-Ehre-Schule herum lebt. Viele Eltern aus dem nahe gelegenen linksalternativ geprägten Schanzen- und Caroviertel melden hier ihre Kinder an. Dort ist eine „antifaschistische“ und ökosozialistische Grundhaltung vorherrschend. 3.000 Menschen demonstrierten für die Schule und gegen die Meldeplattform der AfD. Zu der Demo hatte übrigens die Antifa Altona Ost aufgerufen, deren Aufkleber in unmittelbarer Nähe zur Schule nach wie vor Fahrradständer und Laternenpfähle zieren. Und die ihr Gründungsjubiläum bezeichnenderweise im berüchtigten Szenetreff „Rote Flora“ (JF 38/13) beging.

 „Wir sind stolz, daß unsere Kinder diese Schule besuchen, die wir damals genau wegen ihres Engagements gegen Rassismus und Intoleranz ausgesucht haben“, zitiert die Hamburger Morgenpost die Mütter Cornelia Templin und Wiebke Hansen auf der Demo. Was das Blatt nicht schreibt: Cornelia Hansen ist Kandidatin der Linkspartei für die Wahl zur Altonaer Bezirksversammlung, sitzt im Stadtteilbeirat der Schanze. Auch Wiebke Hansen ist, politisch gesehen, keine Unbekannte, trommelt in verschiedenen Initiativen für den Kohleausstieg und trat auch schon als Referentin bei der Linkspartei auf.

Auch die Schüler machten mobil: „Nazis morden und ihr schweigt, Schüler kleben und ihr schreit“, lautet ein Spruchband, das sie aus den Fenstern hängen ließen. Die Aktion sei vor Unterrichtsbeginn erfolgt. Lehrer wollen nichts davon mitbekommen haben. „Na ja, ein paar waren da schon vor Ort“, beginnt ein Schüler auf unsere Nachfrage freimütig zu erzählen. Offenbar zu freimütig. Denn weiter kommt er nicht. Gleich mehrere seiner neben ihm stehenden Freunde fallen ihm ins Wort. „Erzähl’ hier nicht so einen Sch..., das ist Quatsch“, versichern sie.