© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 16/19 / 12. April 2019

Zoff ums Wegerecht
Schleswig-Holstein: Ein Finanzinvestor blockiert in einer kleinen Gemeinde die Zufahrtsstraße der Anwohner
Martina Meckelein

An der östlichen Hamburger Stadtgrenze liegt auf schleswig-holsteinischer Seite die Gemeinde Oststeinbek, ein ehemaliges Bauerndorf, durch geringe Gewerbesteuer, Briefkastenfirmen und der Hamburger Vorwahlnummer vor Jahren zu Geld gekommen. Heute eine Schlafstätte mit 9.000 Einwohnern. Im Gemeinderat sitzen CDU, SPD, FDP und eine Wähler-Gemeinschaft. Es gibt ein mächtiges Vereinsleben. Unbehindert von kritischen und engagierten Einwohnern, pusseln die Dorfpolitiker so vor sich hin. Der parteilose Bürgermeister ist Hobby-Traktorist, und die Funke-Zeitungen Hamburger Abendblatt und Bergedorfer Zeitung sind von wohlwollender Berichterstattung. 

In diesem Milieu sind Skandälchen programmiert. Einer davon schaffte es jetzt als Schlagzeile sogar in die Bild-Zeitung. „Pollerkrieg in Oststeinbek“, von Erpressung ist gar die Rede. Was ist geschehen?

Vergangenes Jahr ersteigerte ein Investor zwei „herrenlose Zufahrten“ zu Grundstücken an der Straße Zum Forellenbach für 6.000 Euro im Internet. Den Anwohnern bietet der neue Eigentümer die Zuwegung zum Kauf an, für jeweils 10.000 Euro, so das Abendblatt. Jetzt ließ er mittels eines Kranwagens sogar mit Betonringen die Zufahrt blockieren. Die Anwohner wollen aber nicht kaufen, ein Betroffener hat einen Verwaltungsjuristen mandatiert. 

Im Bebauungsplan von 1970 sollen die Zufahrten als öffentliche Wege ausgewiesen gewesen sein, die Anlieger zahlten nach eigenen Aussagen Erschließungskosten. Doch der Bauträger gab die Zuwege an den Landwirt, von dem er das Bauland gekauft hatte, zurück. Niemand weiß, warum. Die Gemeinde übernahm die Wege nicht in das öffentliche Straßennetz. Der Bauer verstarb 1992, und die Zufahrten fielen ans Land. Die Anwohner baten die Gemeindevertretung, die Zufahrten zu übernehmen. Die lehnte ab, die Kanalisation hätte erneuert werden müssen – Kosten: 157.000 Euro.

Bei den Anwohnern stehen jetzt Kamerateams vor den Häusern, und die Betonringe immer noch vor der Zufahrt.