© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 16/19 / 12. April 2019

Wie kann ein weiteres Vorgehen aussehen?
Nach erfolglosem Prozeß: GEZ-Gegner diskutieren die Möglichkeit vieler Einzelklagen
Gil Barkei

Wie von Wirtschaftsanwalt Christian Braun befüchtet, hat das Berliner Verwaltungsgericht seine Klage gegen den Rundfunkbeitrag (JF 7/19 und 9/19) abgewiesen und eine Berufung nicht zugelassen. Viele Gegner der Zwangsabgabe fragen sich nun, wie sie künftig vorgehen können. Schließlich kritisiert auch Braun, das Gericht habe sich „mit dem Vorbringen der Klage nicht wirklich beschäftigt; insbesondere nicht mit den rechtlichen Argumenten“. Die Urteilsbegründung bestehe „in erster Linie aus einer Aneinanderreihung von Textbausteinen, die das klägerische Vorbringen nur teilweise treffen“.

Die Entscheidung der Richter hat in der Szene für Aufregung gesorgt. Einige GEZ-Gegner schlagen im Gespräch vor, eine große Sammelklage anzustreben. Für andere mit juristischem Hintergrund der falsche Weg: Nicht eine einzige Klage, die Hunderte Personen zusammenfaßt – die man mit nur einer Abweisung alle auf einmal loswerden kann – sei zielführend. Vielmehr stellten Hunderte Einzelklagen die Gerichte vor zeitliche, personelle und organisatorische Probleme und seien wirkungsvoller, das Rundfunksystem unter Druck zu setzen. Da die Verwaltungsgerichte ihre Urteile größtenteils mit Textbausteinen in vorgefertigter Richtung gestalten, komme es nicht auf die Qualität des juristischen Vorbringens an, sondern auf die Masse der Klagen.

Brauns Klage könnte so doch noch wirken

Vor dem Verwaltungsgericht herrsche kein Anwaltszwang. Die Kosten für ein derartiges Verfahren lägen „im Regelfall im Bereich eines Abendessens für zwei Personen“. Die Hoffnung: Sofern Klage erhoben ist, teilt der Beitragsservice die zeitlich nachfolgenden Beiträge meistens nur informativ mit. Bei einer „Klageflut“ dürfte ein erheblicher Anteil dieser Beiträge kaum mehr einzuteiben sein.

Ein Kritiker der Rundfunkgebühr rät in einer Rundmail zu folgendem Vorgehen: „Zahlen Sie Ihre Beiträge nicht und warten Sie, bis ein Festsetzungsbescheid gegen Sie ergeht. Zahlen Sie dann den darin ausgewiesenen rückständigen Beitrag unter Vorbehalt und legen Sie innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Festsetzungsbescheides Widerspruch ein.“

Der Widerspruch solle dabei wie folgt begründet werden: „Der Bescheid ist rechtswidrig, da der öffentlich-rechtliche Rundfunk seine Aufgaben der neutralen Informationsversorgung des Bürgers aus dem Staatsvertrag nicht wahrnimmt. Insbesondere werden die §§ 3 Abs. 1 sowie 11 Abs. 1 bis Abs. 3 verletzt.“

Die wahrscheinlichste Konsequenz wäre laut dem Verfasser, der anonym bleiben möchte, ein Widerspruchsbescheid. Gegen diesen können Entschlossene jedoch bei dem zuständigen Verwaltungsgericht binnen Monatsfrist selbst klagen. Klagegegner ist die örtliche Rundfunkanstalt. An dem gleich mit vorgeschlagenen, sarkastischen Muster-anschreiben wird deutlich, wie verhärtet die Fronten sind: „Klage des Klaus Müller, Gartenstraße eins, Gartenhosen gegen Rundfunkanstalt XYZ, vertreten durch den Intendanten, Lügen Str. 1, Märchenhausen, wegen unrechtmäßigen Festsetzungsbescheids. In eigenem Namen erhebe ich Klage mit dem Antrag: Der Festsetzungsbescheid der Beklagten vom ... in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom ... wird aufgehoben.“

Bei der Begründung könne man auf den Widerspruch Brauns verweisen, warum dessen Prozeß bei all der Enttäuschung doch seinen Nutzen für einen wichtigen Satz gehabt habe: „Des weiteren verweise ich diesbezüglich auf die Musterbeispiele des Klägers in dem Verfahren VG 8 K 1.18 des Verwaltungsgerichts Berlin.“

An anderer Stelle wird ergänzt: Sollte der Widerspruchsbescheid vom Beitragsservice in Köln erlassen worden sein, so sollten Kläger der Begründung beifügen, daß dieser damit rechtswidrig sei, „weil der Beitragsservice keine eigene Rechtshoheit besitzt und einen Widerspruchsbescheid nicht erlassen darf, was aus § 70 und § 72 VwGO ergibt“. Auch hier könnte die Klage von Christian Braun doch noch ihre Wirkung entfachen. Denn Kläger können in diesem Punkt ebenfalls auf seine Ausführungen in seinem Verfahren verweisen.

Da Verwaltungsgerichtsprozesse Amtsermittlungsprozesse sind, müßte der Sachverhalt von Amts wegen erforscht werden. Das bedeutet: Würden die angerufenen Verwaltungsgerichte ordnungsgemäß arbeiten, müßten sie die Akte aus Brauns Verfahren heranziehen. Dies würde, bedingt durch den Zeitaufwand, erheblichen Druck auf die betroffenen Verwaltungsgerichte und damit auf den Beitragsservice aufbauen, da jeweils nur ein Gericht die einmal vorhandene Akte beiziehen kann und andere Gerichte gezwungen wären zu warten.