© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 16/19 / 12. April 2019

Knapp daneben
Blockade zwecks Umverteilung
Karl Heinzen

Wer Vodafone oder 1&1 als Provider nutzt, kann sich seit kurzem nur noch eingeschränkt im Internet bewegen. Will er auf die Tauschportale boerse.to oder ddl-music.to gelangen, landet er auf einer anderen Website, die darüber aufklärt, daß dem Wunsch nicht entsprochen werden kann, weil ihm urheberrechtliche Ansprüche entgegenstehen. Geltend gemacht werden sie von der „Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte“ (GEMA), einer von den Nazis gegründeten Organisation, die heute zwar nicht mehr ihrem ursprünglichen Auftrag, einer Befreiung der deutschen Kultur von „nichtarischen“ Einflüssen, verschrieben ist, aber immer noch nach dem traditionellen Geschäftsmodell Wegelagerei betreibt, um überall dort abzukassieren, wo Musik verbreitet wird oder Menschen sich Zugang zu ihr verschaffen wollen. Die Einnahmen werden an Komponisten, Textdichter und Musikverlage ausgeschüttet, sofern diese Vertragspartner der Gema sind.

Eine faire Gesellschaft würde mit der Gema die Urheber überflüssiger Kunst zur Kasse bitten.

Nach der gleichen Masche verfahren zahlreiche weitere Verwertungsgesellschaften auf Gebieten wie etwa Fotografie, Journalismus oder Film. Ihr Treiben wird legitimiert durch die Rechtsfiktion, daß es ein geistiges Eigentum gebe, das jemand für sich reklamieren könne, um es weiterzuveräußern oder von anderen ein Entgelt für seine Nutzung zu verlangen. Was verrückt klingt, ist sozialpolitisch wohldurchdacht. Echte Künstler streben eine größtmögliche Verbreitung an, und das dankbare Publikum gewährt ihnen im Gegenzug eine freiwillige Entlohnung. Die meisten Menschen, die sich als Künstler ausgeben, sind aber einfach bloß Idioten, die nichts zum gesellschaftlichen Zusammenleben beizutragen haben. Dennoch müssen sie von irgend etwas leben, und ihr angebliches Urheberrecht ist der Trick, um eine unmerkliche Umverteilung betreiben zu können. Eine faire Gesellschaft würde den Spieß umdrehen. Sie würde mit den Drückerkolonnen von Gema und Konsorten die Urheber von überflüssigen Artikeln, Fotos und Liedern zur Kasse bitten, um die Öffentlichkeit für die erlittene Belästigung zu entschädigen.