© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 17/19 / 19. April 2019

Retourkutsche der Woche
Alt, verkracht und frisch verliebt
Christian Vollradt


Alte Liebe rostet nicht. Alte Feindschaft offenbar auch nicht. Die Steigerungsstufe von Feind ist bekanntlich der Parteifreund, so besagt eine politische Binsenweisheit. Und zwei richtige Parteifreunde im Freistaat sind die CSU-Altmeister Edmund Stoiber und Theo Waigel. Letzterer hat gerade eine neue Autobiographie herausgebracht, Titel „Ehrlichkeit ist eine Währung“. Darin schildert der frühere Bundesfinanzminister auch den innerparteilichen Machtkampf vor einem guten Vierteljahrhundert, nachdem der Strauß-Nachfolger Max Streibl über die Amigo-Affäre gestürzt war. Seine ursprünglich guten Chancen, neuer bayerischer Ministerpräsident zu werden, so Waigel, seien unter anderem durch eine auf sein Privatleben zielende Diffamierungskampagne aus den eigenen Reihen torpediert worden. Sein siegreicher Rivale Stoiber hatte die Angriffe auf Waigel seinerzeit „infam“ genannt. Er, Stoiber, lehne „solche heimtückischen und scheinheiligen Methoden ab“ und lasse sich „derartiges denunziatorisches Handeln in keiner Weise zurechnen“. Er kenne auch niemanden, der so gehandelt habe. „Das nehme ich ihm nicht ab“ resümiert Waigel nun in seinem Buch – und bezichtigt den früheren Regierungschef damit der Lüge. Freunde werden die beiden nicht mehr, sie bleiben: Parteifreunde.