© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 17/19 / 19. April 2019

Welthandelsstreit und Subventionen für Airbus und Boeing
Eine Ohrfeige für die EU
Thomas Kirchner

Kaum nennt Peter Altmaier Airbus einen Beleg für gelungene Industriepolitik, schon gibt es Zoff um eben jene Subventionen, die der CDU-Wirtschaftsminister gerne auch an andere „Nationale Champions“ verteilen würde. Im diesem Dauerstreit drohen die USA mit Sanktionen auf Flugzeuge, Milchprodukte und Wein in Höhe von elf Milliarden Dollar, nachdem die Amerikaner das seit 2004 vor der Welthandelsorganisation (WTO) laufende Verfahren, das Aktenordner mit 5.000 Seiten füllt und viele Millionen gekostet hat, gewonnen haben.

Jedes Flugzeug von Airbus, das je verkauft wurde, war subventioniert. Obwohl die EU-Partner im Airbus-Konsortium behaupteten, frühere WTO-Forderungen umgesetzt zu haben, zahlten sie tatsächlich weiter Unterstützung: „Startsubventionen“ in Form von Krediten. Kein Wunder, daß die Richter der WTO sauer sind. Glück hat Airbus, daß nur Subventionen für die Modelle A350 und A380 für illegal erklärt wurden. Angesichts der schallenden Ohrfeige ist es irrelevant, wenn sich die EU-Kommission brüstet, die USA hätten bei 204 der 218 Klagepunkte verloren, denn bei den Modellen der A320- und A330-Reihen wurde nichts beanstandet.

Als nächsten Schritt müssen die USA Schätzungen zum entstandenen Schaden von der WTO absegnen lassen. Im Sommer wird dieses Verfahren losgehen, um zu entscheiden, in welchem Umfang Strafzölle dem entstandenen Schaden angemessen sind. Es kann ein paar Monate oder ein paar Jahre dauern. Boeing behauptet, Airbus habe insgesamt 22 Milliarden Dollar an illegalen Subventionen erhalten, davon 18 Milliarden in Form von staatlichen Krediten. Allein für A350 und A380 seien neun Milliarden geflossen. Airbus hält dagegen, daß die tatsächliche Unterstützung in Form von Zinsvergünstigungen nur einen Bruchteil der Kreditsummen darstellt. Boeing wiederum behauptet, wegen der subventionierten Airbusflugzeuge viele Milliarden Umsatz verloren zu haben.

Doch das ist nur „die Hälfte der Geschichte,“ wie Airbus-Chef Tom Enders bemerkt: die Gegenklage der Europäer wegen steuerlicher Subventionen für Boeing im US-Bundesstaat Washington steht ebenfalls zur Entscheidung an. Bisherige Verfahren der EU gegen US-Subventionen scheiterten alle. Es steht also schlecht für die EU.

Aus Sicht der Amerikaner bestätigt das Schneckentempo der WTO ihren dringenden Reformbedarf, wie er von Donald Trump und seinen Ministern wiederholt thematisiert wurde: Schon 2010, noch unter Barack Obama, hatten die USA das Verfahren gewonnen, doch erst jetzt nähern wir uns den Konsequenzen. In der schnelllebigen Wirtschaft ist Bürokratentempo nicht akzeptabel. Und je mehr sich Airbus und Boeing gegenseitig bekämpfen, um so mehr lacht Chinas hochsubventionierter Flugzeughersteller Comac, der in den Markt einsteigen will. Eine Schlichtung wäre die beste Lösung.