© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 17/19 / 19. April 2019

Politisch zu unkorrekt
Sir Roger Scruton wird als Regierungsberater entlassen
Björn Harms

Sir Roger Scruton zeigte sich resigniert. „Nicht zum ersten Mal muß ich einsehen, was für ein Fehler es ist, junge Linke so anzusprechen, als wären sie verantwortungsbewußte Menschen“, beklagte der 75jährige konservative Philosoph im englischen Spectator. 

Nur wenige Stunden zuvor hatte er seine Beratertätigkeit für die britische Regierung verloren. Ausschlaggebend waren Äußerungen in einem Interview mit der linken Wochenzeitschrift New Statesman – vor allem aber das skrupellose Verhalten seines Interviewpartners, des 32jährigen stellvertretenden Chefredakteurs George Eaton. Denn wirklich skandalös waren die Bemerkungen Scrutons wohl kaum. 

Zunächst sprach er mit Eaton über den Einfluß des US-Milliardärs George Soros in Ungarn. „Jeder, der nicht glaubt, daß es in Ungarn ein Soros-Imperium gibt, beachtet nicht die Fakten“, befand Scruton. Im weiteren Verlauf kritisierte der Schriftsteller die Gleichheitsideologie der Kommunistischen Partei in China. „Sie erschaffen Roboter aus ihren eigenen Leuten, indem sie einschränken, wo sie nur können. Jeder Chinese ist eine Art Nachbildung des nächsten, und das ist eine sehr beängstigende Sache.“ 

Zudem beschrieb er den Begriff Islamophobie als Kunstwort, das eine breitere Diskussion über die negativen Seiten des Islam verhindere. Seinen Ursprung finde er in den Propagandakampagnen der islamistischen Muslimbruderschaft, erklärte der 75jährige. So weit, so banal.

Der Vorwurf des Rassismus lag in der Luft. Ein Skandal war programmiert.

Eaton aber bediente sich eines Tricks. Er kürzte nicht nur einzelne Passagen des Interviews „aus Platzgründen“. Um mediale Aufmerksamkeit zu generieren, stellte der junge Journalist das Gespräch in kurzen Sätzen auf Twitter vor – auf bewußt manipulierende Art und Weise. So riß er beispielsweise den Satz „Jeder Chinese ist eine Art Nachbildung des nächsten“ aus dem Kontext. Nun wirkte es so, als ob Scruton meine, jeder Chinese sei gleich. Die Soros-Äußerungen kündigte er wie folgt an: „Scruton hat eine Reihe von empörenden Bemerkungen gemacht, etwa über ungarische Juden.“ Der Vorwurf des Antisemitismus lag in der Luft. Ein Skandal war programmiert.

Und die britische Regierung sprang über das Stöckchen, welches ihr hingehalten wurde. Premierministerin Theresa May habe höchstpersönlich zum Telefonhörer gegriffen, berichtete die Londoner Daily Mail. „Diese Äußerungen sind zutiefst beleidigend und inakzeptabel“, teilte eine Regierungssprecherin kurze Zeit später mit. Scruton wurde von seiner Funktion als Vorsitzender der „Building Better, Building Beautiful Commission“, einer Kommission, die das Kabinett in Sachen schöneres und besseres Bauen berät, entbunden.

Nach getaner Arbeit posierte Eaton lachend mit einer Flasche Champagner für ein Foto in den sozialen Netzwerken. Unter dem Bild war zu lesen: „Das Gefühl, wenn du es schaffst, daß der rechte, rassistische und homophobe Roger Scruton als Berater der Tory-Regierung entlassen wird.“ Mittlerweile hat er das Foto gelöscht. 

„Wir in Großbritannien befinden uns in einer gefährlichen sozialen Situation“, faßte Scruton das Geschehen zusammen. Dem offiziellen Narrativ entgegenstehende Meinungen würden sofort von einer Gruppe selbsternannter Ordnungshüter bestraft. „Wir werden zu einer erbärmlichen Konformität getrieben.“