© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 18/19 / 26. April 2019

Keine Rückkehr für Terroristen
IS-Kämpfer wollen wieder nach Europa: Deutschland sollte ihnen konsequent die Tür weisen
Imad Karim

Sie sind selbst Mütter, wie konnten sie jesidische und christliche Mütter versklaven und zulassen, daß ihre Ehemänner getötet werden? „Wir haben Allahs Befehl befolgt und diese Ungläubigen sogar eigenhändig enthauptet“, antworteten die schwarzverschleierten Frauen, und sie zitierten dabei Koransure 8,12. Das Gespräch fand statt zwischen einer syrischen Journalistin und IS-Frauen, die mit ihren Kindern hinter einem Zaun in Nordsyrien von den Kurden festgehalten werden. Wer Arabisch versteht, kann den Fanatismus und das Ausmaß der Indoktrinierung dieser Frauen durch keine Übersetzung gemildert hören.

In Anbetracht dessen klingt der politisch korrekte Begriff „Heimkehr der IS-Frauen“ wie Hohn. „Heimkehr“ klingt romantisch. Man kommt von einem Urlaub heim oder nach einer beruflichen Phase im Ausland an einen sicheren Ort zurück, wo man sich geborgen fühlt. Dieses Wort für Terroristen zu verwenden verniedlicht brutalste Verbrechen, die von den Rückkehrern begangen wurden.

„Wer unserem Land haßerfüllt den Rücken gekehrt hat und Terrororganisationen im Ausland unterstützt, hat kein Recht auf Rückkehr“, betonte der Innenminister Großbritanniens kürzlich die konsequente Haltung seines Landes zu dieser Thematik. Eine junge Britin war mit 15 nach Syrien gereist, um sich dem IS anzuschließen. Wie viele andere wurde sie verheiratet und bekam Kinder – neue Soldaten für die Terrormiliz. Ist es bereits ein Verbrechen, einem Terroristen zu dienen und den Haushalt zu führen? Oder bedarf es eigener Greueltaten? Der als Sittenpolizistin eingesetzten deutschen Jennifer W. wird derzeit in München der Prozeß gemacht. Laut Anklage hat sie ein fünfjähriges jesidisches Mädchen in sengender Sonne angekettet verdursten lassen.

Ein Verbrechen beginnt, wenn sich Menschen bewußt entscheiden, an einer zweifelsfrei menschenverachtenden und zum Völkerrecht in klarem Widerspruch stehenden Straftat teilzunehmen. Über die Gewalt des IS wurde auf der ganzen Welt berichtet. Niemand kann behaupten, er habe davon nichts gewußt. Bei den Europäern, die dem IS aus Überzeugung zuströmten, als er auf dem Vormarsch war und unbesiegbar erschien, sprechen wir von Überzeugungstätern. Das Strafrecht kennt den „Vorsatz“, wofür es härtere Strafen gibt als beispielsweise bei Handlungen im Affekt. Bei den „Heimkehrern“ handelt es sich also nie um Mitläufer, sondern immer und ausschließlich um Täter.

Es ist auch kein Unterschied, ob jemand aktiv anderen Schaden zugefügt hat oder nur den Straßenverkehr für die Täter regelte auf dem Weg zu deren Exekutionen, Vergewaltigungen, Versklavungen und sonstigen Verbrechen. Mittäterinnen sind auch solche, die „nur“ als Ehefrauen zur im wahrsten Sinne des Wortes „Vermehrung“ der Terrorgruppe beigetragen haben. Wer in einer freiheitlichen Gesellschaft aufwachsen durfte und sich von dieser nicht nur lossagt, sondern sie aktiv bekämpft, egal wo auf der Welt, verliert auch den Anspruch darauf, in einer solchen wieder aufgenommen zu werden. Zumindest nicht mit allen Rechten. Denn wer die Pflichten, die ihm in einer Demokratie auferlegt werden, nicht akzeptiert, dem dürfen auch die Rechte verwehrt werden. Jeder, der aus Europa ausreist, um sich einer Terrororganisation anzuschließen, sollte automatisch seine jeweilige Staatsbürgerschaft, sei es eine deutsche oder sonstige, einbüßen. Jenen, die wieder hier sind, muß wegen der Unterstützung einer Terrororganisation ein rechtsstaatlicher Prozeß gemacht werden, auch wenn keine direkten Verbrechen nachweisbar sind. Jene, die noch in den ehemaligen Kriegsgebieten in Haft sind, sollten dort vor Gericht gestellt werden. Sie sollten auch keinen Beistand jener Länder erhalten, deren Werte sie verachten.

Eine Demokratie kann nur dann wehrhaft sein, wenn sie konsequent ihre Feinde entlarvt und ihnen die Möglichkeit entzieht, sich gegen sie zu stellen. Das heißt auch, daß diejenigen, die sich dem IS angeschlossen haben, keinen Reisepaß mehr erhalten, um weiter einen Terror-Tourismus zu pflegen. Es bedeutet auch, daß „Heimkehrer“ nicht mehr von den Bürgern alimentiert werden, die sie zu töten beabsichtigen.

Reue zeigen die wenigsten der Terror-Touristen, weder die Männer noch die Frauen. Obwohl bekannt war, welche Verbrechen begangen werden, haben sie sich für eine Unterstützung des IS entschieden. Sie haben exzessive Gewalt gesehen und werden diese im Sinne ihrer Ideologie zu gegebener Zeit wieder zügellos ausüben. Bereits heute plagen wir uns in Deutschland mit rund 10.000 Extremisten herum, die mit dem Strom der Flüchtlinge nach Deutschland eingesickert sind. Die Dunkelziffer dürfte noch höher liegen. Ein enormes Sicherheitsrisiko, öffentlich kaum angesprochen. In vielen Herkunftsländern dieser „Heimkehrer“ reicht eine bloße IS-Mitgliedschaft für 15 Jahre Gefängnis aus, egal ob den ehemaligen Kriegern Allahs Verbrechen nachgewiesen werden oder nicht. Man will damit auch ein klares Zeichen setzen: Wer sich dem IS anschließt oder anderen Terrormilizen, der verwirkt jeden Anspruch darauf, jemals wieder ein bürgerliches Leben führen zu können.

Auch europäische IS-Rückkehrer haben ihre bürgerlichen Rechte verwirkt. Sie kamen aus sicheren, sozialen, freiheitlichen Staaten und reisten mit Vorsatz, Verbrechen gegen die Menschheit zu begehen. Wir dürfen sie nicht „heimkehren“ und hier erneut an der Saat des Hasses weiterarbeiten lassen. Nie war es so nötig wie in diesem Fall zu zeigen, daß unsere Werte nicht verhandelbar sind. Das sind wir den vielen Opfern schuldig.






Imad Karim, geboren 1958 in Beirut, ist vielfach ausgezeichneter Fernsehjournalist, Regisseur, Drehbuch- und Filmautor.