© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 18/19 / 26. April 2019

Frankreich in der Krise
Macrons gewagtes Spiel
Jürgen Liminski

Eins ist gewiß: Notre-Dame de Paris wird restauriert und in fünf oder zehn Jahren in neuem Glanz erstrahlen. Bei Emmanuel Macron ist die Voraussage schon schwieriger. Sein Krisenmanagement war perfekt, in der Rolle des Staatsmanns ist er gut. Aber die Vorstellung war nur von kurzer Dauer. Schon drei Tage später war er mitsamt Regierung wieder in den Niederungen des politischen Straßenkampfes verstrickt mit Detailfragen über den neuen Spitzturm oder die Spenden für die Kathedrale. Und wieder 48 Stunden später waren die Gelbwesten erneut auf der Straße. 

Es ist nicht zu sehen, wie er diese soziale Rebellion in den Griff bekommt. Die Bewegung ist von links unterwandert und von Krawallos begleitet. Auch am Karsamstag gingen Scheiben zu Bruch und Autos in Flammen auf. Heuchlerisch empört sich die Politik über Rufe aus dem Pulk an die Polizei: „Begeht doch Selbstmord.“ Damit werden die Opfer der aktuellen Selbstmordwelle zynisch verhöhnt. Doch alle ahnen: Die Regierung läßt ein wenig Zündeln und Randale zu, um die Gelbwesten zu diskreditieren. Das soll wohl die am Donnerstag abend präsentierten Lösungsvorschläge schmackhaft machen.

Ein gewagtes Spiel – eines Staatsmannes unwürdig: So holt er Land und Volk nicht aus der Krise. Das wird sich in der politischen Rechnung am 26. Mai garantiert niederschlagen.