© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 18/19 / 26. April 2019

Ländersache
Umweltspur statt Fahrverbot
Mathias Pellack

Jetzt hat Düsseldorf die Umweltspur. Glück im Unglück möchte man meinen. Noch vor weniger als einem Jahr tönte die Umweltthilfe lauthals, Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) würde „weiterhin ein Verwaltungsgerichtsurteil zur Einhaltung der Stickoxidwerte ignorieren“. Der Vollstrecker grüner Politik in Deutschland drohte, „saubere Luft“ für Düsseldorf ab dem 1. Januar 2019 gerichtlich durchzusetzen. Und meinte: „Dazu führt kein Weg an Diesel-Fahrverboten vorbei.“

Entsprechende Diskussionen und Klagen gab es überall in Deutschland. Hamburg und Stuttgart waren die ersten Städte, die nachgaben und ein Dieselverbot verhängten. Folgen könnten Aachen, Frankfurt und Berlin. Nun aber hat die altehrwürdige Düsseldorfer CDU ihren Antrag von den rot-gelb-grünen Regierungsparteien bewilligt bekommen, der in der Osterwoche umgesetzt wurde: Kein ganzes Dieselverbot, sondern ein halbes Verbrenner-Verbot. Auf beiden betroffenen Zubringerstraßen ist nun jeweils eine der zwei Spuren in die Innenstadt für viele Verbrennermotoren tabu. Fahren dürfen dort nur Fahrräder und E-Autos, aber auch Fahrgemeinschaften mit wenigstens drei Insassen sowie Taxis und Busse gleich welcher Betriebsart.

Vorrangiges Ziel war „ein Dieselfahrverbot zu vermeiden und die Verkehrswende voranzutreiben. Die Umweltspuren sind ein Baustein, um die Luftqualität auf besonders belasteten Straßenabschnitten zu verbessern“, erläuterte Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD). Ob diese Gängelung der Pendler zum Wohle der Anwohner zu einem Umdenken führt oder die Straßen zu den entscheidenden Stoßzeiten weiter verstopft, soll nun „mit temporärer Markierung“ der Straßen an den Autofahrern „getestet“ werden, erklärte die städtische Verkehrsdezernentin Cornelia Zuschke. Ausweichen auf Parallelstraßen können die Autofahrer kaum, da die wenigen Alternativrouten jetzt schon oft verstopft sind. Das Umfahren würde den Ausstoß der Schadstoffe bestenfalls nur verlagern. Der Duisburger Verkehrswissenschaftler und E-Auto-Apologet Ferdinand Dudenhöffer erwartet das auch so. Er nannte die Umweltspuren  gegenüber der Westdeutschen Zeitung gar einen „Schildbürgerstreich“.

Es ist durchaus im Sinne der Politik, den Verkehr soweit zu beschränken, daß  Pendler das Verkehrsmittel wechseln. Der Umwelthilfe geht das aber nicht weit genug. Der grüne Klageverein hat sich prompt an das Oberverwaltungsgericht Münster gewandt. Mit dem Argument, daß das Dieselverbot nicht wegen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ausgeschlossen werden darf, „vielmehr müßten alle objektiv möglichen Maßnahmen ergriffen werden“. Das wäre zwar durchaus im Sinne von Greta Thunberg, aber sicher nicht im Sinne der Anwohner und der Autofahrer.

Zumindest ein Jahr lang darf sich die Mehrheit der Pendler über die De-facto-Fahrbahnverengung beschweren. Danach will Düsseldorf „evaluieren“ – also überprüfen, ob genügend Leute umgestiegen sind, um die politisch vorgeschriebenen Stickstoffgrenzwerte einzuhalten. Ansonsten muß doch das totale Dieselverbot folgen. Das Beispiel wird Schule machen. Köln hat ebenfalls schon eine Umweltspur beschlossen. Essen will im Mai darüber entscheiden.