© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 18/19 / 26. April 2019

Deutsche Anleger haben viel mehr Gold als die Bundesbank
Die geldpolitische Avantgarde
Thomas Kirchner

Zweieinhalb mal soviel Gold wie die Bundesbank besitzen die privaten Haushalte in Deutschland, das zeigt eine Studie des CFin Research Centers für die Reisebank. Der Goldstandard ist seit fast einem halben Jahrhundert ausgesetzt, doch das Edelmetall symbolisiert nach wie vor Werterhalt und Sicherheit. Kein Wunder, daß deutsche Sparer, die für ihr extrem konservatives Anlageverhalten berüchtigt sind, Weltmeister im Goldhamstern sind. Seit 2016 ist ihr Goldbestand um 250 Tonnen auf mehr als 8.900 Tonnen gestiegen.

Und dies ist nur das Gold in Form von Münzen und Barren, Goldschmuck zählt extra. Insgesamt 6,5 Prozent der weltweiten Goldbestände befinden sich in den Händen deutscher Anleger, fast das Doppelte des Anteils, den Deutschland an der Wirtschaftsleistung der Welt hält (3,3 Prozent). Die anhaltende Beliebtheit des Goldes ist Symptom des wachsenden Unbehagens der Menschen über Währungen aus Papiergeld, bei denen der Goldstandard durch einen Technokratenstandard ersetzt wurde. Zwar sind Verbraucherpreise relativ stabil, doch alles, was nicht in China produziert werden kann, verzeichnet Rekordpreise, von Immobilien bis zu Leonardo-da-Vinci-Gemälden. Ein Teil der Anleger flüchtet in Gold, andere, die, die technikaffiner sind, versuchen ihre Ersparnisse in Bitcoin zu retten (JF 8/19).

Dies ist kein Zufall, denn Bitcoin wurde bewußt als Gegenentwurf zum Papiergeldsystem konzipiert. Wie bei anderen Kryptowährungen auch ist die Geldmenge begrenzt. So interessant Kryptowährungen auch sein mögen, an den Glanz von Gold von Jahrtausenden als Werterhaltungs- und Zahlungsmittel kommen sie nicht heran. Die Unzufriedenheit mit Papiergeld hält schrittweise auch Einzug in die Politik, zumindest jenseits des Atlantiks: Ron Paul führte seinen Wahlkampf 2012 mit dem Versprechen, die amerikanische Zentralbank Fed durch den bekannten Goldanhänger und Journalisten James Grant abwickeln zu lassen. Unter Donald Trumps Beratern befand sich zeitweise der Hedgefondsmanager John Paulson, ebenfalls ein Anhänger Grants. Für die Nominierung auf den Gouverneursposten der Fed war zeitweise Herman Cain im Gespräch, auch ein Goldfan. Der jetzt nominierte Stephen Moore befürwortet die Rückkehr zu einem Goldstandard, würde aber zunächst eine Indizierung an einen Rohstoffkorb als Übergangslösung einführen.

Daß Anwärter mit solchen Gedanken überhaupt ernsthaft in die engere Auswahl für eine Führungsrolle in einer der wichtigsten Zentralbanken kommen, ist ein Novum. Kandidaten vertrauten seit einem halben Jahrhundert lieber statistischen Modellen als Edelmetallen. Deutsche Haushalte gehören mit ihren Goldkäufen also zur geldpolitischen Avantgarde.

Gold-Studie von ReiseBank und CFin:  reisebank.de